Ich finde es immer wieder lustig wenn diese Diskussion auf reddit kommt und BWLer ihr Fach damit verteidigen, dass es ja schwer sei. Ja gut und schön, aber diverse Ausbildungsberufe sind auch schwer. Das macht eine Wissenschaft nicht aus, ob man viel auswendig lernen muss oder nicht. Die meisten BWLer haben doch nichtmal wirklich interesse an Wirtschaftswissenschaft, die wollen halt nur "Geld machen" studieren.
Zwischendrin noch ein paar angekaute Faber Castell Buntstifte und ein halbgegessener Wachsmaler (für später, Justus hatte vorhin nicht so einen Hunger)
Ökonomie ist keine fake Wissenschaft. Das Problem ist eher, dass es jede Menge "Expert*innen" gibt, die zum einen ums Verrecken nicht einsehen wollen, dass Wirtschaftswissenschaft zur Trias der Gesellschaftswissenschaften gehört und wirtschaftliche Prozesse, Institutionen und Strukturen keine unumstößliche Naturgesetzmäßigkeiten sind und dementsprechend auch nicht so dargestellt werden sollten. Zum anderen ist den gleichen Menschen ums Verrecken nicht greifbar zu machen, dass aus dem gleichen Grund (Neo-)Klassik und Keynes nicht das "be all - end all" sind und schlichtweg zu kurz greifen, erst recht, wenn man sich Wirtschaft nicht isoliert betrachtet.
Und dann kommt ganz erschwerend dazu, dass Knallchargen "Experten" wie der Lindner Chrissi straight up keinen Schimmer haben, was eig bei Smith, Keynes und Konsorten in der Theorie steht, die sie aber trotzdem die ganze Zeit beschwören. Was auch erklärt, wieso sie keinen Widerspruch sehen, wenn sie Konjunkturmoves bringen, die von der Theorie schlichtweg nicht gedeckt sind oder dieser sogar direkt widersprechen. Erklärt auch, wieso keine der Pappnasen die Alarmglocken bimmeln hören, wenn sich riesige Mietkonglomerate bilden und den Wohnungsmarkt für Profite ausquetschen.
Haben die ein oder anderen bestimmt schonmal iwo gelesen (ist hier ja immerhin die getke), aber hier, straight from the horses mouth: Aus "The Wealth of Nations", Buch I, elftes Kapitel vom OG Adam Smith:
"As soon as the land of any country has all become private property, the landlords, like all other men, love to reap where they never sowed, and demand a rent even for its natural produce."
Ich glaube Du mischst hier aber schon auch VWL und BWL. VWL ist definitiv wissenschaftlich mehr als nur angehaucht, und beherbergt irre gute Statistiker.
BWL ist heute eigentlich das, was früher Buchhalter und "Kaufmänner" waren. Ausbildungsberufe. Nur dass sich alle die dass studieren schon im zweiten Semester als CEOs sehen.
Fair enough. Sehe ich, wenn man es auf "VWL/BWL" runter brechen würde. Aber ich würde dafür argumentieren, dass z.B. in einer sozioökonomischen Perspektive die Trennung an der Stelle eher nicht unbedingt so trennscharf gemacht wird. Da ist dann eher relevant, wer in was für einem gesellschaftlichen und politischen Kontext wie wirtschaftet und wie wirtschaftliche Institutionen und Strukturen von Menschen (re-)produziert werden und wie andersherum Menschen durch die vorgefundenen wirtschaftlichen Strukturen, Institutionen und Prozesse mindestens wirtschaftlich sozialisiert werden. In dem Blickwinkel ist, dann der VWL Anteil, in was für einem Wirtschaftssystem man lebt und arbeitet, welche Strukturen man darin vorfindet und der BWL Anteil kann sich dann z.B. darin wieder finden, zu gucken, wie Individuen darin diese Strukturen nutzen, um darin angemessen zu wirtschaften (und dabei wäre jetzt noch nicht so primär relevant, dass es um einen Betrieb geht, lässt sich ja aber auch darauf anwenden).
Und ich würde auch behaupten, dass in der politischen Ökonomie die Trennung zwar auch berücksichtigt wird, aber nicht das "primäre analytische Mittel" darstellt, dass man jetzt daran unbedingt trennscharf nach VWL/BWL aufteilen würde. Bin aber offen gesagt gerade nicht in der Laune, politische Ökonomie nochmal analog aufzudröseln, wie die Sozioökonomische Perspektive. Politische Ökonomie ist auch glaube eher nen bekanntes Ding als Soziökonomie. Daher spar ich das jetzt mal allen Beteiligten
Hilft auch nicht, dass an den Unis vor allem der Bodensatz lehrt und "forscht". Die guten Ökonomen und Volkswirte werden von den big five oder trading desks abgezogen und dazu verpflichtet, in der Öffentlichkeit die Fresse zu halten. Dafür werden sie fürstlich entlohnt.
Als jemand, der das "Glück" hat, eine kleine Pupsstelle an der Uni zu haben, kann ich das nur bedingt bestätigen. Es gibt unbestreitbar ne Menge Vögel, die zu dem Thema lehren.
In meinem Studium hab ich auch so Hottakes zu hören bekommen wie "Dass es uns hier in Deutschland besser geht, als z.B. den Leuten in Bangladesch, liegt daran, dass wir Deutschen einfach besser sparen können."
Andererseits habe ich auch ganz andere kennen gelernt, z.B. Dozierende wie Olaf Ansorge, der Soziökonomische Bildung sowohl an Schulen unterrichtet, als auch an der Uni lehrt.
wirtschaftliche Prozesse, Institutionen und Strukturen keine unumstößliche Naturgesetzmäßigkeiten sind und dementsprechend auch nicht so dargestellt werden sollten.
Man könnte das auch kurz und knapp als "fake Wissenschaft" zusammenfassen.
(Obwohl mir der Begriff auch aufstieß. Ist wie so oft bei Wissen, besonders in komplexen Feldern wie Wirtschaft oder Psychologie, man muss wissen, wo die Modelle vereinfachend sind und was das bedeutet.)
Ich hab chatgpt vor kurzem mal gefragt warum die VWL Vorlesungen nicht voller Marxisten ist. Die die Antwort:
Kurzfassung: weil VWL heute überwiegend eine positiv-analytische Wissenschaft ist und Marxismus primär eine normative, historisch gebundene Theorie.
Etwas ausführlicher, in klaren Punkten:
Methodischer Wandel der VWL
Moderne Volkswirtschaftslehre arbeitet stark mit:
formalen Modellen
Statistik und Ökonometrie
empirischer Überprüfung
Der Marxismus (bei Karl Marx) ist dagegen überwiegend theoretisch-philosophisch und kaum empirisch falsifizierbar im heutigen Sinn.
Positiv vs. normativ
VWL fragt meist: Was passiert, wenn X?
Marxismus fragt oft: Was ist gerecht / ausbeuterisch / historisch notwendig?
Normative Aussagen gehören eher in politische Theorie oder Soziologie als in Kern-VWL.
Historische Einbettung
Marx analysierte den Industriekapitalismus des 19. Jahrhunderts.
Viele seiner Annahmen (Arbeitswerttheorie, Verelendungsthese) passen schlecht zu:
Dienstleistungsökonomien
Humankapital
Finanzmärkte
Globalen Wertschöpfungsketten
Erklärungs- und Prognosekraft
Theorien setzen sich in der VWL nicht durch, weil sie ideologisch attraktiv sind, sondern weil sie:
Prognosen liefern
empirisch halbwegs funktionieren
Marxistische Ansätze haben hier im Vergleich zu Neoklassik, Spieltheorie oder moderner Makroökonomik Nachteile.
Wo Marx trotzdem vorkommt
Marx ist nicht verschwunden, sondern:
in der Geschichte des ökonomischen Denkens
in politischer Ökonomie, Soziologie, Philosophie
indirekt in Debatten zu Macht, Klassen, Institutionen
Fazit:
VWL ist kein ideologiefreier Raum, aber sie belohnt Modelle, Daten und Vorhersagen.
Marxismus ist dafür methodisch schlecht geeignet – unabhängig davon, ob man seine Kritik politisch überzeugend findet.
Hey, das ist nicht fair! Im fünften Semester machen die auch ein bisschen Grundrechenarten.
Ich finde es immer wieder lustig wenn diese Diskussion auf reddit kommt und BWLer ihr Fach damit verteidigen, dass es ja schwer sei. Ja gut und schön, aber diverse Ausbildungsberufe sind auch schwer. Das macht eine Wissenschaft nicht aus, ob man viel auswendig lernen muss oder nicht. Die meisten BWLer haben doch nichtmal wirklich interesse an Wirtschaftswissenschaft, die wollen halt nur "Geld machen" studieren.
Naja, das jetzt aber nicht so die krasse Erkenntnis, wenn das Studienfach quasi "Geld machen" heißt.
Die meisten Sportstudenten haben auch mehr Interesse an Sport als an Wissenschaft.
'Setze das Muster fort und male es an.' Politics 101
Zwischendrin noch ein paar angekaute Faber Castell Buntstifte und ein halbgegessener Wachsmaler (für später, Justus hatte vorhin nicht so einen Hunger)
Schau und wenn dieser Graph nach oben geht ist gut und die Armen verhungern. Ist Naturgesetz.
Ökonomie ist keine fake Wissenschaft. Das Problem ist eher, dass es jede Menge "Expert*innen" gibt, die zum einen ums Verrecken nicht einsehen wollen, dass Wirtschaftswissenschaft zur Trias der Gesellschaftswissenschaften gehört und wirtschaftliche Prozesse, Institutionen und Strukturen keine unumstößliche Naturgesetzmäßigkeiten sind und dementsprechend auch nicht so dargestellt werden sollten. Zum anderen ist den gleichen Menschen ums Verrecken nicht greifbar zu machen, dass aus dem gleichen Grund (Neo-)Klassik und Keynes nicht das "be all - end all" sind und schlichtweg zu kurz greifen, erst recht, wenn man sich Wirtschaft nicht isoliert betrachtet. Und dann kommt ganz erschwerend dazu, dass
Knallchargen"Experten" wie der Lindner Chrissi straight up keinen Schimmer haben, was eig bei Smith, Keynes und Konsorten in der Theorie steht, die sie aber trotzdem die ganze Zeit beschwören. Was auch erklärt, wieso sie keinen Widerspruch sehen, wenn sie Konjunkturmoves bringen, die von der Theorie schlichtweg nicht gedeckt sind oder dieser sogar direkt widersprechen. Erklärt auch, wieso keine der Pappnasen die Alarmglocken bimmeln hören, wenn sich riesige Mietkonglomerate bilden und den Wohnungsmarkt für Profite ausquetschen.Haben die ein oder anderen bestimmt schonmal iwo gelesen (ist hier ja immerhin die getke), aber hier, straight from the horses mouth: Aus "The Wealth of Nations", Buch I, elftes Kapitel vom OG Adam Smith:
"As soon as the land of any country has all become private property, the landlords, like all other men, love to reap where they never sowed, and demand a rent even for its natural produce."
Ich glaube Du mischst hier aber schon auch VWL und BWL. VWL ist definitiv wissenschaftlich mehr als nur angehaucht, und beherbergt irre gute Statistiker. BWL ist heute eigentlich das, was früher Buchhalter und "Kaufmänner" waren. Ausbildungsberufe. Nur dass sich alle die dass studieren schon im zweiten Semester als CEOs sehen.
Fair enough. Sehe ich, wenn man es auf "VWL/BWL" runter brechen würde. Aber ich würde dafür argumentieren, dass z.B. in einer sozioökonomischen Perspektive die Trennung an der Stelle eher nicht unbedingt so trennscharf gemacht wird. Da ist dann eher relevant, wer in was für einem gesellschaftlichen und politischen Kontext wie wirtschaftet und wie wirtschaftliche Institutionen und Strukturen von Menschen (re-)produziert werden und wie andersherum Menschen durch die vorgefundenen wirtschaftlichen Strukturen, Institutionen und Prozesse mindestens wirtschaftlich sozialisiert werden. In dem Blickwinkel ist, dann der VWL Anteil, in was für einem Wirtschaftssystem man lebt und arbeitet, welche Strukturen man darin vorfindet und der BWL Anteil kann sich dann z.B. darin wieder finden, zu gucken, wie Individuen darin diese Strukturen nutzen, um darin angemessen zu wirtschaften (und dabei wäre jetzt noch nicht so primär relevant, dass es um einen Betrieb geht, lässt sich ja aber auch darauf anwenden). Und ich würde auch behaupten, dass in der politischen Ökonomie die Trennung zwar auch berücksichtigt wird, aber nicht das "primäre analytische Mittel" darstellt, dass man jetzt daran unbedingt trennscharf nach VWL/BWL aufteilen würde. Bin aber offen gesagt gerade nicht in der Laune, politische Ökonomie nochmal analog aufzudröseln, wie die Sozioökonomische Perspektive. Politische Ökonomie ist auch glaube eher nen bekanntes Ding als Soziökonomie. Daher spar ich das jetzt mal allen Beteiligten
Jein. Das geht schon weit über Buchhaltung und Lehre hinaus. Erfährt man allerdings nur, wenn man nach dem zweiten Semester noch geistig dabei ist.
Hilft auch nicht, dass an den Unis vor allem der Bodensatz lehrt und "forscht". Die guten Ökonomen und Volkswirte werden von den big five oder trading desks abgezogen und dazu verpflichtet, in der Öffentlichkeit die Fresse zu halten. Dafür werden sie fürstlich entlohnt.
Als jemand, der das "Glück" hat, eine kleine Pupsstelle an der Uni zu haben, kann ich das nur bedingt bestätigen. Es gibt unbestreitbar ne Menge Vögel, die zu dem Thema lehren.
In meinem Studium hab ich auch so Hottakes zu hören bekommen wie "Dass es uns hier in Deutschland besser geht, als z.B. den Leuten in Bangladesch, liegt daran, dass wir Deutschen einfach besser sparen können."
Andererseits habe ich auch ganz andere kennen gelernt, z.B. Dozierende wie Olaf Ansorge, der Soziökonomische Bildung sowohl an Schulen unterrichtet, als auch an der Uni lehrt.
Man könnte das auch kurz und knapp als "fake Wissenschaft" zusammenfassen.
(Obwohl mir der Begriff auch aufstieß. Ist wie so oft bei Wissen, besonders in komplexen Feldern wie Wirtschaft oder Psychologie, man muss wissen, wo die Modelle vereinfachend sind und was das bedeutet.)
Wissenschaft bedeutet "Anwendung des wissenschaftlichen Prinzips". Nicht jede Wissenschaft beschäftigt sich mit den Prinzipien der Natur
"dementsprechend nicht so dargestellt werden sollte" war mein Bezugspunkt hier
Ah, okay, danke für's Aufklären. Hatte es verstanden, als auf Wirtschaftswissenschaft im allgemeinen bezogen. Aber so gette ich dich.
*VWL der Neo-Klassik
Ich hab chatgpt vor kurzem mal gefragt warum die VWL Vorlesungen nicht voller Marxisten ist. Die die Antwort:
Kurzfassung: weil VWL heute überwiegend eine positiv-analytische Wissenschaft ist und Marxismus primär eine normative, historisch gebundene Theorie.
Etwas ausführlicher, in klaren Punkten:
Methodischer Wandel der VWL Moderne Volkswirtschaftslehre arbeitet stark mit:
formalen Modellen
Statistik und Ökonometrie
empirischer Überprüfung Der Marxismus (bei Karl Marx) ist dagegen überwiegend theoretisch-philosophisch und kaum empirisch falsifizierbar im heutigen Sinn.
Positiv vs. normativ
VWL fragt meist: Was passiert, wenn X?
Marxismus fragt oft: Was ist gerecht / ausbeuterisch / historisch notwendig? Normative Aussagen gehören eher in politische Theorie oder Soziologie als in Kern-VWL.
Historische Einbettung Marx analysierte den Industriekapitalismus des 19. Jahrhunderts. Viele seiner Annahmen (Arbeitswerttheorie, Verelendungsthese) passen schlecht zu:
Dienstleistungsökonomien
Humankapital
Finanzmärkte
Globalen Wertschöpfungsketten
Erklärungs- und Prognosekraft Theorien setzen sich in der VWL nicht durch, weil sie ideologisch attraktiv sind, sondern weil sie:
Prognosen liefern
empirisch halbwegs funktionieren Marxistische Ansätze haben hier im Vergleich zu Neoklassik, Spieltheorie oder moderner Makroökonomik Nachteile.
Wo Marx trotzdem vorkommt Marx ist nicht verschwunden, sondern:
in der Geschichte des ökonomischen Denkens
in politischer Ökonomie, Soziologie, Philosophie
indirekt in Debatten zu Macht, Klassen, Institutionen
Fazit: VWL ist kein ideologiefreier Raum, aber sie belohnt Modelle, Daten und Vorhersagen. Marxismus ist dafür methodisch schlecht geeignet – unabhängig davon, ob man seine Kritik politisch überzeugend findet.