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Die Unionsparteien gelten als wirtschaftskompetent. Doch ihre Politik hat massive Schäden angerichtet. Ein kritischer Rückblick.
Vom Start der Eurokrise bis zum Ende des Bundestagswahlkampfs 2025 war die schwarze Null, die Ablehnung möglichst aller Staatsschulden, das Leitmotiv der Christdemokraten. Es galt unter Angela Merkel ebenso wie unter Friedrich Merz als Garant von Stabilität und Nachhaltigkeit.

Dieses Dogma war verbunden mit dem Tabu jeglicher Steuererhöhung. Zusammen führten sie zu riesigen Defiziten in Deutschlands Infrastruktur. Kaputt gespart wurden Eisenbahnen, Autobahnen, Brücken, Schulen und andere Bildungseinrichtungen. Selbst die Bundeswehr verkümmerte. Alle öffentlichen Güter, die nicht Profit abwerfen, aber für die Volkswirtschaft lebenswichtig sind, wurden vernachlässigt. Dass unser Land bei der digitalen Infrastruktur hinterherhinkt, passt ins Bild.
Geld für Stuttgart 21, für vieles andere nicht
Besonders verheerend war die Verkehrspolitik. Während Straßen- und Schienennetz verwahrlosten, verschlief eine Folge von drei CSU-Verkehrsministern die Verkehrswende. Stattdessen erlebten wir den Skandal mit den angeblich sauberen Dieselautos, die mitnichten gute Emissionswerte hatten, aber mit deutscher Ingenieurskunst die Daten bei Abgastests manipulierten.

Das Bundesverkehrsministerium hat nie ausreichend Druck in Richtung E-Mobilität gemacht. Auf diese stellen aber mittlerweile selbst bettelarme Länder wie Äthiopien und Nepal um. Trotz dieses internationalen Trends will die Union im Namen der Technologieoffenheit den bereits beschlossenen europäischen Ausstieg aus der Verbrennertechnik noch mal weiter herauszögern. Absurderweise glaubt sie, hocheffiziente alternative Verbrennerautos könnten in Märkten wettbewerbsfähig werden, deren Infrastruktur darauf umgerüstet wird, Batterien aufzuladen.
Investitionen unterblieben nicht völlig: Geradezu verliebt waren C-Parteien in das Milliardenprojekt Stuttgart 21. Es wird ständig teurer, aber nicht fertig. Nachrangig fanden sie das Schienennetz und den öffentlichen Nahverkehr, was sich heute rächt.
Auch die Energiepolitik der Unionsparteien ist gescheitert. Der Vorsprung, den die rot-grüne Koalition von Gerhard Schröder und Joschka Fischer bei den erneuerbaren Energien herausgearbeitet hatte, ging verloren. Mittlerweile hat China Deutschland abgehängt. Das Vertrauen der Merkel-Regierungen von 2005 bis 2021 auf billiges russisches Gas war grenzenlos. Dann kam der Einmarsch Putins in die Ukraine.
Auch der Rentenstreit in der Union zeugt nicht von hohem Sachverstand. Ja, es wird teuer, eine wachsende Zahl von Alten zu versorgen. Allerdings sind die volkswirtschaftlichen Kosten steigender Altersarmut auch eine große Last. Wenn sich die ältere Generation immer weniger leisten kann, sinkt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zulasten der Konjunktur. Zugleich steigt der Druck auf Familien, Oma und Opa durchzufüttern. Und wenn die Renten nicht reichen, werden noch mehr Menschen noch mehr kommunale Sozialleistungen beanspruchen.

Das Mantra „private Vorsorge“ überzeugt nicht. Riester- und Rürup-Rente sind gefloppt, die Erträge der Lebensversicherungen sind seit Jahren enttäuschend. Inflationssicher sind private Geldanlagen auch nicht. Die staatliche Rente wird dagegen regelmäßig an die Lohnentwicklung angepasst, und folgt damit indirekt der Preisentwicklung.
Manche Leute in der Union verstehen diese Dinge. Aber auch sie taten im Dezember so, als hätte die Rebellinnen und Rebellen der Jungen Gruppe in ihrer Fraktion eigentlich recht, aber leider seien der SPD zuliebe in der Rentenpolitik Kompromisse nötig.
Die schlichte Wahrheit ist: Der Staat muss in diesem Jahrzehnt mehr leisten als bislang. Der demografische Wandel ist nur ein Grund. Hinzu kommen die Klimakrise, Rüstungszwänge und die verschlafene Daseinsvorsorge des vergangenen Jahrzehnts. Ohne zusätzliches Geld kann das nicht gelingen.
Trotzdem wiederholte Friedrich Merz bis zum Wahlabend, Deutschland habe kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Er verspottete den grünen Spitzenkandidaten Robert Habeck als inkompetenten Ideologen, weil dieser noch vor der Wahl die Schuldenbremse im Grundgesetz lockern wollte, um die nötigsten Zukunftsprogramme finanzieren zu können. Die Grünen warnten, mit einer erstarkten AfD im Bundestag werde es in der neuen Legislaturperiode nicht mehr die ausreichende Zweidrittelmehrheit dafür geben.
Genau so kam es denn auch – und Wahlsieger Merz bat nur eine Woche nach der Wahl die geschmähte Ökopartei, noch im alten Bundestag der Verfassungsänderung zuzustimmen. Jetzt wollte er nämlich unbegrenzt Kredite für die Rüstung sowie 500 Milliarden für die Infrastruktur aufnehmen. Was der CDU-Chef im Wahlkampf versprochen hatte, war weder vernünftig noch pragmatisch, sondern offensichtlich verlogen.
Ein solider Staat brauche eine solide Finanzierung. Er muss für die öffentlichen Güter sorgen, die zu volkswirtschaftlicher Stärke führen. Das schließt kluge Sozialpolitik und gute Infrastruktur ein. Die Union hat weder für das eine noch das andere ein Konzept. Stattdessen plappert sie nach, was Unternehmensverbände sich wünschen. Wenn Merz und seine Leute volkswirtschaftliche Kompetenz beweisen wollen, muss sich das ändern. Dabei müssen sie auch bedenken, dass es sinnvoll sein kann, Schulden zu machen. Alle Finanzprobleme so zu lösen, ist aber nicht nachhaltig. Über zusätzliche Steuereinnahmen muss auch irgendwann nachgedacht werden.