Moin,

hier einmal beschrieben, wie eine Stellenausschreibung aus meiner Sicht als Arbeitgeber lief. Es geht um ein Kleinstunternehmen - ich habe also keine Personalabteilung, die mir den Kram abnimmt. Wir schaffen hier eine neue Stelle, alles ein Abenteuer für alle Beteiligten.

Ausgeschrieben haben wir nur über Indeed, was ich angenehm fand:

  • Übersichtliches Dashboard
  • Kommunikation mit Bewerbern direkt über die Plattform
  • Es wurden eigentlich nur Lebensläufe geschickt. Ich kann auf Anschreiben sehr gut verzichten (ich weiß selber, dass ich der geilste bin), und Zeugnisse kann ich bei Bedarf nachfordern bzw. wurden teils auch - Initiative muss gezeigt werden - einfach so geschickt.

Innerhalb von 24 Stunden gab es 30 Bewerber auf die Position, ich habe dann zugemacht. Später nochmal auf, dann kamen innerhalb von 24 Stunden nochmal 26 Bewerber.

Diese 56 Menschen, die sich da beworben haben, waren durchweg interessant. Keiner davon war langweilig. Und es ist wirklich teils unangenehm, einen so tiefen Einblick in das Leben einiger Menschen zu haben. Beispiele (nicht echt, aber so in etwa):

  • Da hat jemand eine Ausbildung gemacht, mit gutem Abschluss, war dann auf Reha, danach 30 Jahre immer mal als Urlaubsvertretung in einer Poststelle, vermittelt von einem Personaldienstleister. Privat organisiert der aber große LARP-Messen und ist ehrenamtlich sehr sozial unterwegs.
  • Jemand anderes hat als einfache Mitarbeiterin bei den Hausdiensten in einem Konzern angefangen und ist über Fortbildungen und Umschulungen irgendwann zum C-Level-Marketing aufgestiegen - und wird nun nach einer Fusion aus betrieblichen Gründen mit 62 entlassen. Das Zeugnis war 8 Seiten lang.
  • Nach dem Bürgerkrieg ist eine weitere Person nach Deutschland geflohen, lernte hier Deutsch und kann damit sechs Sprachen sprechen und schreiben, passt auch sonst sehr genau auf das von mir gesuchte Profil - leider in Deutschland nur geduldet, und das ist mit der Reisetätigkeit (auch Ausland) nicht vereinbar.

Wie gesagt: Als zukünftiger AG erhalte ich nur den Lebenslauf. Es ist erschreckend, wie viele Leute sich da etwas basteln und nicht nochmal drüberschauen (lassen). Rechtschreibfehler. Ex‑AG falsch geschrieben. Geburtsdatum mehrmals und unterschiedlich. Lorem Ipsum. Texte laufen in Linien oder aus dem Papier, oder das Papier ist endlos lang (Hallo Canva). Zeiträume passen nicht zueinander. Studium ein Dutzend Mal erwähnt, leider nicht das Fach... es ist erschreckend.

Klingt vielleicht zu penibel, aber wenn du mit deiner eigenen Zukunft so nachlässig umgehst und nicht mal 1-2 A4‑Seiten inhaltlich korrekt erstellst, vertraue ich dir doch nicht mein Unternehmen an.

So sind dann auch gleich 37 Bewerber rausgeflogen, bevor ich mich tiefer mit ihnen beschäftigt habe.

Die verbleibenden 19 habe ich mir genauer angeschaut: Passt die Person überhaupt auf die Stelle? So sind nochmal 7 rausgeflogen. Nach einer Rückfrage hat eine Bewerberin ihre Bewerbung mit einer langen E‑Mail zurückgezogen - was mir einfiele, ihre Bewerbungsunterlagen nicht genau zu lesen. Sie hat sie mir freundlicherweise angehängt, und so konnte ich sie dann auch lesen. In einem der Zeugnisse stand auf Seite 2 die Antwort, nach der ich suchte. Ich weiß jetzt noch mehr Details aus ihrem beeindruckenden Leben als Aktivistin.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich ehrlich gesagt keinen Bock mehr, irgendwen einzustellen. Jetzt noch Gespräche mit 11 Leuten führen? Na ja, durchziehen. Eine Absage - zwischenzeitlich etwas anderes gefunden - 10 to go. Einmal umsonst in den Termin weil nicht erschienen, zweimal gar keine Antwort. Fünf wenig erfolgversprechende Gespräche und zwei gute.

Also noch zwei Personen ins Büro zu einem zweiten Gespräch einladen und: Am Ende hat eine Münze entschieden.

  • Niemanden geghostet? Kann doch gar nicht sein! :D

    Ich war ja selbst mal auf der anderen Seite...

    Doch, 2 nach dem online Gespräch!

    Falsch. Keine Rückmeldung seitens der Bewerber. Er wurde also geghostet.

  • "Zeiträume passen nicht zueinander" Als jemand mit Doppelstudium und zwei Jobs, sehe ich, wie das bei mir ein Grund zum Aussortieren werden könnte xD

    Joar, ist immer geil wenn sowas dann ein Faktor ist. Ich habe einmal bei einem Arbeitgeber später eine zweite Tätigkeit noch hinzugenommen, und einmal zwei Arbeitgeber überlappen lassen, damit der eine noch ne Übergabe schafft und der andere mich früher hat. Gut zu hören, dass das negativ ist…

    Wenn Du es dazu erklärst, sollte es doch gehen?

    Im Lebenslauf ist nicht wirklich viel Platz für sowas, im Anschreiben einen "Achtung Achtung, bitte nicht aussortieren wegen bullshit" Paragraphen zu haben ist weird.

    Ich kann am Ende damit leben, wenn man wegen dummen Dingen aussortiert wird. Kann man sowieso nicht verhindern. Ist nur einfach dumm.

    Ist wirklich dumm, wenn da steht Job 1 August 2024 - heute und Job 2 April 2024 - heute, kann man sich doch denken, dass die Person eben 2 Jobs gleichzeitig hat, anstatt direkt davon auszugehen, dass die Person zu dämlich für die Zeitangaben wäre. Also ich würde es lesen als 2 Jobs gleichzeitig.

    Im Lebenslauf ist nicht wirklich viel Platz für sowas

    Quatsch. Du hast im Lebenslauf nur Platzprobleme, wenn du dich stur an die erste Lebenslaufvorlage hälst und absolut 0 Kreativität einbringst. Es ist absolut kein Hexenwerk bei sowas in Word kurz eine Klammer-ähnliche Form einzufügen, "parallel" dranzuschreiben und das Ganze halbwegs ordentlich aussehen zu lassen. Da gibts dann auch keine Abmahnung für, das kein Gesetzsverstoß, das darf man durchaus machen und wegen sowas wirft auch niemand eine Bewerbung in den Müll.

    Ich muss nicht wissen warum du 8 Jobs gleichzeitig hast, ich muss nicht mal wissen wie du das bewerkstelligt hast, ich muss nur wissen, dass du das irgendwie hinbekommen hast - und dafür reicht mir eine Zeile, 3 Wörter, ein aussagekräftiger Hinweis, irgendwo gut und offensichtlich positioniert, keine 4 Zeilen im Anschreiben, kein Extraabschnitt im Lebenslauf, Hauptsache irgendwo steht das Wort "zeitgleich" oder was auch immer.

    Deine Bewerbung wird nicht aussortiert, zerrissen und verbrannt, nur weil du dich nicht an die rechtlich verbindlichen Vorschriften der Lebenslaufvorlagen von Google hälst.

    Für diese Klammern ist doch das Anschreiben da. Liebe Leute, warum machen wir alles neu und dann isses nicht besser als das Alte , sondern ne komische Hybridform.

    Dafür war das Anschreiben mal vor 30 Jahren da. In den letzten 30 Jahren hat sich die Situation aber dahingehend geändert, dass viele kein Anschreiben mehr wollen - unter anderem auch deswegen, weil in Zeiten des Internets jeder Bewerber dort sowieso denselben Beisieltext vom ersten Googleergebnis rein copy&paste'd hat. Das Anschreiben hat seine Bedeutung einfach komplett verloren und selbst wenn du es noch nach seiner originalen Intention verwendest, musst du halt immer noch damit rechnen, dass du in dem See aus KI-Anschreiben komplett untergehst.

    Wichtige Infos ins Anschreiben packen ist deshalb nicht falsch... aber mMn in der heutigen Zeit suboptimal. Da hilfts auch nicht einfach daran zu appellieren, dass jeder doch bitte mal wieder wie vorher machen soll.

    Die heutige Zeit wird immer Lebenslauf-lastiger. Wenn du also irgendwelche Stolperfallen oder was auch immer im Lebenslauf hast, musst du dich der heutigen Zeit anpassen und das halt auch irgendwie in deinem Lebenslauf sinnvoll auf die Kette bekommen, statt darauf zu beharren, dass jeder das Anschreiben wieder wie eine Bedienungsanleitung für den Lebenslauf verwendet.

    Es geht nicht darum was besser oder schlechter ist. Es geht darum die aktuelle Situation zu erkennen und sinnvoll damit umzugehen - auf alten Strukturen beharren bringt halt einfach nichts, wenn auf keiner Seite noch irgendwer die alten Strukturen verwendet.

    Diese komische Hybridform ist genau das was wir heute brauchen - heute in Zeiten wo wir vom OP erwarten, dass er sich 60 klassische Lebensläufe mit Anschreiben und Zeugnisen und Nachweisen alle adäquat durchgeht, während die Zeiten, in denen solche Systeme und Strukturen etabliert wurden im selben Bewerbungszeitraum wahrscheinlich sage und schreibe drei Bewerbungen bekommen hätten. Das Spiel hat sich verändert und wird auch nie wieder so werden wie es mal war, nach den alten Regeln zu spielen ist schlicht nicht mehr zeitgemäß.

    Die kurzen "Marker" Teilzeit, Nebentätigkeit, berufsbegleitend, parallel, Fernstudium o.Ä. passen doch perfekt in den Lebenslauf. Das hat im Anschreiben wiederum nur wenig Platz, kann dort aber natürlich erklärt werden.

    Ich habe kein Anschreiben verlangt, keins bekommen. Einfach weil die Anschreiben, die an mich gerichtet waren immer nur aus "du geiler Typ, ich will bei dir arbeiten." klangen.

    Über Indeed habe ich nur den Lebenslauf bekommen und der war auch mal drei Seiten lang - und das war okay, denn das war die einzige Information über eine Person.

    Ein guter Lebenslauf ist m. E. auf die Stelle angepasst und erklärt ggf. Ungewöhnlichkeiten. 2 Studienfächer, eines davon dual und nebenher ne Ausbildung, zwischendurch Elternzeit? Da braucht es vielleicht tatsächlich etwas Text, aber wenn 5-Sterne-Rankings erlaubt sind, warum dann nicht auch Freitext?

    Wenn du es nur wissen musst, dann reichen auch einfach die überlappenden Zeitangaben.

    Dass das nicht reicht impliziert persönliche Vorlieben. Bei dem einen reicht dann „(zeitgleich)“ (was Schwachsinn ist weil es nur zwei Monate waren, nicht die vollen zwei Jahre), bei dem anderen muss es mehr sein, andere können einfach akzeptieren dass die Zeiträume sich überschneiden. Und auf welche persönliche Vorliebe man trifft ist unklar, und somit ist auch deine komplette Empfehlung hinfällig, da sie auf genau dich passt.

    Wenn du es nur wissen musst, dann reichen auch einfach die überlappenden Zeitangaben.

    Nein, eben nicht. Denn der OP spricht ja buchstäblich davon, dass Leute verwirrende und überlappende Zeitangaben machen, er dadurch verwirrt war und deshalb Bewerbungen aussortiert hat.

    Ich weiß nicht, ob in deiner Bewerbung alles korrekt ist oder irgendwo Flüchtigkeitsfehler drin sind. Wenn ich auf eine augenscheinlich widersprüchliche Information stoße, gehe ich nicht auf Spurensuche und versuche mir mit den gegebenen Informationen die Lösung herzuleiten... so läuft das einfach nicht, das ist schlichtweg eine unrealistische Erwartungshaltung, das kannst du fair oder unfair finden, aber das ist dem Personaler vollkommen egal.

    Du baust absichtlich ein mögliches Missverständnis in deinen Lebenslauf ein und rechtfertigst das damit, dass das dem Personaler doch einfach egal sein kann, dass der Personaler sich das alles irgendwie schon zusammenreimen kann und dass das alles gar nicht so wild ist, weil jeder anders ist und sowieso - in einem Thread, in dem ein Personaler dir gesagt hat, dass er explizit wegen sowas Leute aussortiert hat.

    Und das alles, weil es scheinbar unmöglich ist die 2-monatige Überlappung, die im ersten Moment wie ein Fehler aussehen und gedeutet werden könnte... ordentlich zu kennzeichnen. Und nur ums klar zu machen, ich bin völlig bei dir, ich verstehs, dass das nicht jeder braucht, dass da nicht jeder wert drauflegt und dass das nicht in 10 von 10 Fällen relevant ist.... aber wir sind hier literally in einem Thread, in dem es literally relevant war - und man könnte es halt einfach umgehen... mit einem minimalen Hinweis, der einem im Gegensatz zu unserer offensichtlich falsch-interpretierbaren Angabe absolut nichts kosten würde.

    Im aktuellen AG-Markt ist der Bewerber nicht in der Machtposition. Der AG kann es sich leisten dumm und oberflächlich zu sein, Erwartungen zu stellen, pingelig zu sein und eine übertriebene Erwartungshaltung zu haben. Das ist scheiße für den Arbeitssuchenden... aber so isses aktuell halt. Und natürlich kann man dann drauf beharren, dass man das eigentlich nicht brauchen sollte und man sich sowas in der Theorie auch selbst herleiten können sollte... aber joa, dann tu das halt nicht, spar dir die 2 Minuten Aufwand und spiel lieber auf Stochastik und dass das im Großen und Ganzen alles schon nichts ausmachen wird - ist auch vollkommen okay, aber mMn ein seltsamer Rat, wenn da oben ein Personaler sitzt, der davon berichtet hart Probleme mit verwirrenden Zeitangaben in Lebensläufen zu haben.

    Ich möchte damit auch nicht sagen, dass das jeder immer so machen soll oder was auch immer... aber die Kernaussage war nun mal "verwirrende Zeiten", das Feedback war "das geht im Lebenslauf gar nicht darzustellen", wozu mein Feedback war "doch, geht, bspw. so:". Ob und inwiefern das auf welche individuelle Situation Anwendung finden muss... ist jedem selbst überlassen.

    Im Lebenslauf ist massiv Platz ;) Wer schränkt dich ein, außer du selbst?

    Solang du keine 15 Seiten hast ist alles gut. Dann kann man mal kürzen.

    Aber 2-4 Seiten je nachdem wie ausführlich die deine Positionen beschreibst, ist voll im Rahmen.

    Mein eigener war zuletzt 3 Seiten + einer Art Deckblatt. Wenn ich ihn mal aktualisiere, kommt Seite 4 dazu. Der bei haltet aktuell inkl. Ausbildung 7 Stationen. 4 davon sind ausführlich beschrieben, da sie relevant für meinen aktuellen Job waren. Der Rest ist nur Position und Betrieb.

    Je nach Position ist es für den Einstellenden durchaus interessant was du so an Aufgaben hattest, ohne das man Arbeitszeugnisse lesen muss.

    Schreib ruhig rein "parallel zu" oder einen sonstigen Vermerk. Vielleicht Wochenstundenzahl oder Teilzeit. Zeigt ja auch, dass du für dein Leben und Erfolg was leisten kannst.

    Ich möchte keine Hurenkinder, und bin mit viel Optimierung an der Grenze zu drei Seiten, ohne halt bei 2,5. Ich werde nicht für so etwas die dritte Seite anfangen ;)

    In meinem PDF-Lebenslauf habe ich eine Lösung:

    • die überlappenden Monate sind einfach nicht drin, weil ich Monate komplett weglasse.
    • die überlappenden Jahre haben in der ersten Beschreibungszeile ", als Nebentätigkeit".

    Im LinkedIn sind jedoch Monate dabei, dort

    • ist es einfach "Aug 2021 - x" überlappend mit "y - Sept 2021". Wenn die Leute denken dass das ein Problem ist wie OP oder der andere Mensch der hier kommentiert hat: Ja schade, dann bin ich raus, aber ich glaube das ist besser so.
    • die überlappenden Jahre haben in der Version kein ", als Nebentätigkeit", da scheine ich nicht perfekt in sync zu sein. Oh well.

    Mich auf eine Wochenstundenzahl festzulegen ist schwachsinnig, weil nie eine definiert war o.ä.. Bei den überlappenden Jobs gäbe es eine, aber um die korrekt zu modellieren wäre das kein "parallel zu" sondern "am Anfang 1 (alt)/4 (neu) Tage überlappend für die Übergabe", was nervig lang ist. Und ist es dann 1.8.-31.9. oder 1.8.-30.8.? Schreibe ich das explizit rein? Da war ein Feiertag drin und einmal hatte ich Urlaub, schreibe ich dann "waren 7 Tage bei (alt)"? Am letzten Tag beim alten Arbeitgeber ist mein Vater gestorben und ich bin schon um 14 Uhr gegangen, soll das auch rein? Mach ich einen neuen Punkt für den überlappenden Teil? Das ist alles sinnlos verwirrend für ein nicht-Problem.

    Ja, man kann das alles reinschreiben, ja man kann da bestimmt eine minimale Form für finden, ja irgendwie kann man diesen Filter umgehen, aber am Ende bleibe ich bei: Fuck it. Wenn ihr mich deswegen aussortiert statt zu fragen, dann ist das halt so und ich kann damit leben. Das sind wenn dann 30 Sekunden im Gespräch, kein Filtergrund.

    Von mir aus ist es ein Arbeitstehler-Markt, aber auch da muss man nicht absolut jeden Wichs von irgendwelchen Personalern mitmachen.

    Protipp: Hurenkinder kann man vermeiden, indem man in Canva (oder Illustrator) die Seite einfach immer länger macht. So bleibt man auch bei der empfohlenen einen Seite.

    Es geht nicht darum alles reinzuschreiben oder penibel genau zu sein. Ich hab keine Zeit um mir einen Lebenslauf zusammen zu dichten oder mir erst ein LinkedIn Profil anzuschauen und meine Fachbereiche haben noch weniger Zeit.

    Für mich ist ein Lebenslauf mit zu viel Unklarheiten erstmal zweite Wahl. Da gehören "nur" Jahresabgaben dazu. Ich brauche in kurzer Zeit ein klares Bild.

    Am Ende muss ich einen Lebenslauf, von dem ich überzeugt bin, auch noch an den Fachbereich verkaufen.

    Wenn mich ein Lebenslauf oder eine Qualifikation überzeugt, rufe ich auch bei Rückfragen direkt an. Kommt aber darauf an wie viel Zeit ich habe. Heute habe ich 90 Bewerber aus der letzten Woche bearbeitet. Wenn ich bei jedem 5min investiere, kannst du dir sicherlich vorstellen, wie viel Zeit mir so am Tag für meine sonstigen Tätigkeiten und eine Pause bleibt. Und aktuell habe ich nur einen ausgewählten Teil meiner Stellen online. In einem Monat können da pro Stelle schonmal ordentliche 3 stelligen Bewerberzahlen zusammen kommen.

    Und wenn du Nebentätigkeit dazu schreibst. Ist es doch genau das wozu ich Beispiele geliefert hab. Reicht völlig aus.

    Übrigens ein richtiges Anschreiben, als zusätzlichen Anhang. Interessiert die meisten recruiter erst nach dem Lebenslauf, wenn überhaupt, die meisten sind eh gleich geschrieben und wenig aussagekräftig. Ich lese die meist selber erst vor einem Vorstellungsgespräch. Ist der Lebenslauf völlig uninteressant, wird das Anschreiben meist gar nicht gelesen. Wenn die Bewerbung per Mail eingesendet wurde und in der Mail ist ein kurzes Anschreiben, das bekommt eher Beachtung. Betonung liegt auf kurz.

    Ich habe ein Studium angefangen, während ich noch Resturlaub hatte, das überschneidet sich bei mir zum Beispiel auch

    Ja Gott, dann steht da halt irgendwo Studienbeginn in Resturlaubsphase, Freistellung oder was auch immer. Ist ja nicht so, dass der Lebenslauf ein behördlich vorgegebenes Formular ist.

    Wenn man wegen sowas aussortiert wird, ist das halt ein Problem

    Bei mir wärst du wegen sowas nicht aussortiert worden. Wenn du unsicher bist, schreib ne Notiz dazu, dass das im Resturlaub des Jobs begonnen wurde.

    Ich hatte da ganz andere Schnitzer im Sinn.

    Okay, was ich mit "Zeiträume passen nicht zueinander" meinte wäre sowas wie:

    - Hat 20 Jahre in einem EU-Projekt gearbeitet. Die gehen aber in der Regel nicht länger als 7 Jahre, das konkrete ging zwei. Im Indeed-Lebenslauf-Designer schlampig gearbeitet.

    - 2 Vollzeitstellen gleichzeitig (kann man sicher alles erklären. Aber wieso schreibt der da extra "Vollzeit" rein und sonst nix?)

    - "Sabattical" genommen, also ein paar Monate arbeitslos, dann einen neuen Arbeitgeber gefunden, dort nach ein paar Monaten gefeuert worden und dann wieder in den alten Job. War das jetzt ein echtes Sabattical mit nem Vollzeitjob drin oder...

  • Ich bin zwar kein AG, aber auf technischer Seite größtenteils zuständig für die Vergabe von Ausbildungsplätzen und Einstellung von Junioren. Dieser Abschnitt beschreibt wirklich einen Großteil der Bewerbungen.

    Es ist erschreckend, wie viele Leute sich da etwas basteln und nicht nochmal drüberschauen (lassen). Rechtschreibfehler. Ex‑AG falsch geschrieben. Geburtsdatum mehrmals und unterschiedlich. Lorem Ipsum. Texte laufen in Linien oder aus dem Papier, oder das Papier ist endlos lang (Hallo Canva). Zeiträume passen nicht zueinander. Studium ein Dutzend Mal erwähnt, leider nicht das Fach... es ist erschreckend.

    Ich bin froh, dass die nette Kollegin aus HR für mich vorsortiert, aber sowas verwursten wir beide für interne Statistiken, natürlich ohne personalisierte Daten, halt weiter.

    ... und ich habe kein Interesse, herauszufinden, wie viele gute Bewerber ich dadurch aussortiert habe.

    Sind es denn gute Bewerber wenn sie nichtmal einmal die Bewerbung geschissen bekommen? So eine schlampige Arbeitsweise zieht sich ja meistens komplett durch. Know-How hin oder her.

    Tja, einige Leute kriegen ne Bewerbung hin aber den Rest der Arbeit leider nicht. Weil die Struktur eines größeren Unternehmens fehlt, zum Beispiel.

    Andere Leute schicken aus Versehen das von "Alex" kommentierte pdf, in dem noch die Fehler drin sind (inklusive eines langen Fazit-Kommentars), obwohl es sicher noch eine Fassung danach gab. Einfach das nächste Mal nicht um halb zwei kommentieren. btw... ich muss ins Bett

    Kommt aus meiner Sicht auf die Stelle an. Jemand, der hauptsächlich körperlich-handwerkliche Tätigkeiten machen soll, muss keinen perfekten Lebenslauf erstellen können. Jede noch so geringfügige Bürotätigkeit aber: Ja, denn es ist nun mal wirklich kein Hexenwerk.

    Ich würde mir wünschen, dass mein Gärtner richtig schreiben kann. Schönheit war kein Kriterium, glaube mir.

    Kommt aus meiner Sicht auf die Stelle an. Jemand, der hauptsächlich körperlich-handwerkliche Tätigkeiten machen soll, muss keinen perfekten Lebenslauf erstellen können.

    Was ist denn ein "perfekter Lebenslauf"? Ich glaube ein inhaltlich korrekter Lebenslauf mit Standardformatierung sollte zum einen das Mindestmaß und sollte in der Regel auch immer ausreichend.

    Klar kommt es darauf an, aber sobald irgendwas an ausführlicherer Dokumentation erledigt werden muss - und das ist oft der Fall -, sollte sich gefragt werden, ob Leute, die nicht mal ihren Namen oder ihr Geburtsdatum in einem absoluten Grundlagendokument korrekt schreiben können, tatsächlich dafür geeignet sind.

  • Sehr interessant, hier zur Abwechslung auch mal die andere Seite zu sehen! 

  • Arbeite als Ingenieur bei nem Konzern mit Personalverantwortung und bin bei Einstellungen auch involviert. Hab mal interessehalber bei HR nachgefragt, was die so für mich schon vorfiltern und war echt geschockt, was da alles rein kommt.

    Teilweise augenscheinlich absolute Verzweiflungsbewerbungen (BWL Studium, drei Jahre im Außendienst und sich dann auf ne Senior Stelle als Entwicklungsingenieur bewerben), aber vor allem richtig dumme Fehler: Tippfehler im Lebenslauf, Zeugnisse angehängt, die gar nicht zur Person gehören, völlig exzessives Ausführen von Tätigkeiten, die nicht zur Bewerbung passen (mich interessieren Ausbildungen zum Heilpraktiker für Homöopathie und deren Vorzüge nicht für so eine Stelle).

    Einmal hatte ich ne Bewerbung von nem echten Psychopathen gezeigt bekommen. Anschreiben von vier Seiten. Er hat erst über unser akademisches System vom Leder gezogen, warum sein Doktorvater ein Kommunist war und ihn ausgebeutet hat, wie er unser Bildungssystem reformieren würde und abschließend eine Ausführung, warum Schüler statt Englisch und Latein an der Schule besser Russisch und Hebräisch lernen sollten…

  • Das mit den Rechtschreibfehlern kenne ich und handhabe das auch so. Mir ist das Design eines Lebenslaufs egal, aber ich kann doch wohl erwarten, dass sich der Kandidat der ein >100k € Job will, seinen Lebenslauf noch mal kritisch durchlesen lässt. Am Ende muss ich die Dokumente die ein neuer MA jeden Tag produziert Korrektur lesen und abnehmen. Und das letzte, auf das ich dann Lust habe ist ihm zu erklären, welche Worte groß geschrieben werden und wo bei Kommas das Leerzeichen hin kommt.

    Zumal es echt gute Online Tools gibt, die das einmal korrigieren...

    Selbst als jemand mit Rechtschreibschwäche muss ich da zustimmen: es ist der verkackte Lebenslauf, nicht Email #83 (von einem Tag).

    Das Teil macht man einmal (und updatet es wenn man sich nach X Jahren auf eine andere Stelle bewirbt) - da jage ich doch jede Zeile durch 2-3 Rechtschreib-Checker wenn ich weis das mein Bauchgefühl zu 70% falsch ist. Ebenso für alle Angaben - jedes Datum wird 3x geprüft ob irgendwo nen Zahlendreher drinn ist oder nen Tippfehler.

    Das ganze mit Altlasten (aka Zeug von anderen Leuten oder der Vorlage) im Lebenslauf bedeutet nur das man alle Angaben in Frage stellen muss - wer das Geburtsdatum vom Tim noch drinn hat könnte auch seinen Abi-Schnitt oder sein Studium drinn haben.

    Diese Leute denken aber nicht, dass ihr Bauchgefühl zu 70% falsch ist. Schau dich doch um da draußen, was für selbstgerechte Kleinhirne herumlaufen. Klimawandel gibt es nicht, Impfungen schaden, Silvesterböller bumm bumm geil Alter, ich schwör, Alter - wo glaubst du, sind die Leute im Alltag? Ganz normal bei der Arbeit, die allermeisten. Das ist zu 90% nicht der Bodensatz der Gesellschaft, das sind auch nicht zu 90% irgendwelche Minderheiten, Randgruppen oder Bürgergeld-Empfänger, das sind ganz durchschnittliche, arbeitende Bürger, die so sind. Das ist dein Nachbar im Reihenhaus, über dir im 1. Stock. Der, den du immer an der Tanke siehst mit seinem Audi A4. Und ja, solche schaffen es selten, aber durchaus auch irgendwie, an einer FH einen Master zu machen.

    Zum Glück sind bei den Zeugnissen dann ja teilweise auch alle (alle!) Schulzeugnisse dabei. Und was ControlOdds Klassenlehrerin über ihn in der ersten Klasse zu sagen hatte... naja, ich grinse und schweige. Glückwunsch zur Ehrenurkunde bei den Bundesjugendspielen.

  • Kommt mir als AG bekannt vor. Welche Branche bzw. was für einen Job hast du ausgeschrieben gehabt?

    Ist im Bereich berufliche Bildung. Für eine frühere Neubesetzung einer Stelle haben wir das über eine Agentur gemacht, das war ein Gespräch mit der Agentur, eine vorgeschlagene Bewerberin und dann noch eine hohe Rechnung. Dafür weniger Zeit und mehr Nerven.

  • Mich würde noch interessieren, für was du gesucht hast, wenn du ne C Ebene Bewerberin aus'm Konzern und nen Poststellen Mitarbeiter in deinem Pool hast

    Ich denke der Poststellenmitarbeiter musste dem Jobcenter was zeigen. Und C-Ebene war vermutlich auf Teilzeit und Homeofficeoption aus.

  • Vielen Dank für einen Blick in die andere Seite

    Davon bekommt man sonst immer nichts mit

  • Mein Lebenslauf sagt wahrscheinlich weniger über mich aus als mein Abschreiben, aber you do you.

    Hab ja wen gefunden. Viel Erfolg.

  • Welche Branche? Was für einen habt ihr genau gesucht?

    Im Bereich berufliche Bildung.

  • Bei 48 Stunden online, kein Wunder, oder?

  • Die Anzahl der Bewerbungen finde ich wild. So wie ich das aus deinen Post rausnehmen kann, seid ihr ja eher in einer Nischenbranche unterwegs und dazu noch ein kleines Unternehmen. Da kann sich ausmahlen wie viele Bewerbungen größere Unternehmen im Moment bekommen.

    Obwohl das auch ein wenig an der Hürde liegt. Bei Schnellbewerbung über Indeed nur mit Lebenslauf bewirbt man sich im Zweifel erst mal auf alles. Dauert ja nur eine Minute.

  • "Oder das Papier ist endlos lang (Hallo Canva)"

    Was ist eigentlich das Problem damit, wenn man zb 1,5 A4 durchlaufend ohne Umbruch in ein PDF packt? Außer dass es beim Ausdrucken nicht perfekt aussieht, aber wer druckt noch aus?

    Das liest keiner Junge

    weils scheiße ist, A4 ist KING

    Zum einen: Vielleicht druckt dein zukünftiger Arbeitgeber das noch aus, da gibt's immer noch Gründe für.

    Zum anderen: Die Usability ist in Readern nicht gut. Ich nutze Tasten um durch die Dokumente zu navigieren und die Programme sind einfach nicht für solche Dokumentformate gedacht. Auch hier könnte dein Einwand "dein Problem" sein. Aber: Nicht mein Problem, denn du willst, dass ich es lese.

    Am Ende hab ich's ja lesen können.

  • > Rechtschreibfehler. Ex‑AG falsch geschrieben. Geburtsdatum mehrmals und unterschiedlich.

    Ein Abteilungsleiter meinte mal "Da gibt es unterschiedliche Meinungen. Manche halten das für wichtig. Mir persönlich ist es egal, wenn der Mensch fachlich gut ist." Ich habe auch schon Führungskräfte mit katastrophaler Rechtschreibung kennengelernt.

    Die Erfahrungen bei der Personal- oder Stellensuche sind dieselben wie bei jedem anderen Produkt auch. Man sucht ein Produkt mit bestimmten Features und da können schon mal einige Tage ins Land gehen, bis man alle Bewertungen und Testurteile durchgelesen hat.

    Ach ja, wir alle haben heute KI, die könnte all das für uns korrigieren. Muss man halt machen wollen.

    Aber ja, Personal- und Produktauswahl ähneln sich erschreckend...

  • Wie viele der Bewerber waren aus dem Ausland?

    Da müsste ich jetzt nachschauen, mach ich wenn ich Zeit finde gern. Definiere bitte "aus dem Ausland" für mich.

  • Möchtest du eigentlich Arbeitszeugnisse physisch oder nur eine Kopie?

    Bloß kein Papier, alles digital. Alle Seiten sparen Geld und ich kann bei Bedarf Dinge selbst ausdrucken.

  • [deleted]

    Ich würde gerne erstmal wissen, warum da falsche Angaben gemacht wurden (und wieso da so nachlässig gearbeitet wurde, dass ich das herausgefunden habe).

    Das ist halt einfach Betrug. Wenn er seine Leistung bringt okay gut fällt wahrscheinlich nicht mal auf aber wenn er sie nicht bringt ist er weg

    Was stand da? Ist gelöscht worden.

  • Kein Bock auf gespräche mit den Leuten "denen du das Unternehmen in die Hand gibst", münze entscheiden lassen und dann über die Qualität der Bewerbungen beschweren 😄

    Puh Gott sei Dank bin ich nicht beruflich fürs berufs-tinder zuständig.

    Das ganz am Ende des Kampfes um den Job wirklich noch ein 50/50 "Münzwurf" entscheidet (nicht etwa Symphatie, Hobbies, Sprachen, oder irgendwas anderes), fand ich auch echt ernüchternd.

  • Mich triggert arg das die Werte nicht passen. Wenn sich 56 Menschen bewerben und einer davon genommen wird dann bleiben noch 55 die unter abgelehnt fallen. Da steht 53. passt alles nicht zusammen

    2 zurückgezogen