An der Stelle weihnachtliche Grüße an alle, die gerade etwas in den Seilen hängen.

Alle Jahre wieder fällt der Vorhang, hart und schwer. Am 23.12. den letzten Arbeitstag dieses Jahr absolviert und - wie immer - folgt der mentale Zusammenbruch nach dem gleichen Muster. Erst üble Kopfschmerzen, dann selbstmitleidige Depristimmung. Drei Tage lang, wie wahrscheinlich bei so vielen.

Eine besondere Geschichte kann ich nicht erzählen. Standard halt. Scheidungskind mit distanzierten Verhältnis zu beiden Elternteilen. Keine eigene Familie. Anpassungsfähig. Unsteter Lebensmittelpunkt, 13 verschiedene Wohnorte in 36 Lebensjahren. Nach Außen kontaktfreudig, kommunikativ und humorvoll. Beruflich erfolgreich, aber ebenso immer im Wandel. In Sachen Beziehungen spezialisiert auf oberflächliche Freundschaften, immer einen gewissen Abstand haltend, nie von Dauer (spätestens nach Ortswechsel lasse ich es auslaufen). Selbstbewusstsein und Stärke verkaufend. Im Grunde aber ein unsicheres Würstchen. Jede Zurückweisung trifft mich insgeheim schwer, aber ich habe gelernt meine Maske stets und stetig zu tragen. Das ganze Leben ein Schauspiel, um externe Erwartungen zu erfüllen.

362 Tage im Jahr funktioniert das gut. Der Job hält mich am laufen. Das Sozialleben befriedigt die seichten Bedürfnisse. Der Konsum macht vermeintlich glücklich. Wenig Zeit, um wirklich inne zu halten. Nur zu Weihnachten, da trifft die Leere hart und es fehlt der Fluchtpunkt.

Einen Ratschlag suche ich nicht wirklich. Drei Tage im Jahr ist mir bewusst, dass ich grundsätzlich etwas ändern sollte. Danach ist ea aber wieder vergessen.

P.S. Das Niederschreiben war das, was ich gerade gebraucht habe. Ich hoffe es verstößt hier nicht gegen irgendwelche Regeln.

Unbekannterweise alles Gute euch!

  • Nach dem Niederschreiben empfehle ich stark das Geschriebene nochmal durchzulesen, nicht weil mir Fehler oder sonstige Dinge aufgefallen sind, sondern weil das helfen kann eine Perspektive “von außen” zu bekommen.

    Du suchst nicht nach einem Ratschlag, doch denke ich das aufschreiben und veröffentlichen kommt einem “in die Welt schreien” schon sehr nah und kann auch ein Hilferuf sein. Es muss nicht so laufen. Ist auch nicht gut, dass das so für dich ist, was mir unbekannterweise natürlich leid tut.

    Zum Thema “danach ist es vergessen.”: Vergessen ist es nie, nur vedrängt. Finde ich nochmal wichtig zum einordnen von deinem gesagten. Viel Glück!

    Das Mitteilen meiner Gedanken nach Außen hat schon allein massiv geholfen. Kurz im stillen Kämmerlein ein paar Tränchen verdrückt. War scheinbar so nötig, überfällig und dringend wir das große Geschäft, nachdem man beim örtlichen Lieferdienst - der von Burgern über Pizza bishin zu indisch alles anbietet - bestellt hat.

    Verdrängen trifft es besser, da haste wahrlich Recht. Darin sind wir Menschlein aber allgemein wahre Meister.

    Wie geschrieben: Die Mitteilung nach außen und mein kleiner Meltdown gerade waren sehr befreiend. Ihr kennt meinen Gemütszustand jetzt besser als alle mir persönlich bekannten Personen in meinem Leben. Jetzt hab ich wieder den Drang nach Aktivität und werde eine Runde durch den Wald joggen. :-)

    Danke dir!

  • Wow, ich habe das sehr gefühlt. In vielen Aspekten fühle ich ähnlich, erkenne es aber nun auch erst relativ spät. Ich hoffe die Tage vergehen okay für dich. Ich möchte mich im nächsten Jahr damit mehr beschäftigen, vielleicht starte ich eine Therapie.

    Selbstreflexion schadet sicher nie, auch wenn ich da wahrscheinlich ein schlechter Ratgeber bin. Wenn du etwas ändern musst/willst, um dich wieder besser zu fühlen, dann scheue dich nicht dir therapeutische Hilfe zu suchen!

  • Fühle das ebenso sehr. 

    Die Umstände sind bei mir ähnlich: Keinen Kontakt zur Familie, da ich mich recht früh abkapseln musste, um ein „normales“ Leben führen zu können. 

    Meine Eltern sind bereits verstorben - den Kontakt zu den Geschwistern möchte ich nicht, da dieser die Erinnerungen an die Kindheit  immer wieder hervorholen würden. 

    Habe einen Job der mich auslastet, finanziell gut aufgestellt, habe ein schönes Auto und eine schöne Wohnung. Führ viele wohl ein sehr schönes Leben.

    Sobald ich jedoch allein mit mir bin, kickt die Depristimmung rein - vor allem zur Weihnachtszeit.

    Freunde sind vorhanden, bin jedoch in der Regel lieber allein - vermutlich ein Teufelskreis. 

    Fühle mich auch, als ob ich eine Maske trage. Im Beruf selbstbewusst und souverän, privat jedoch voller Selbstzweifel.

    Als jugendlicher dachte ich, sobald ich mein eigenes Geld verdiene und meine Familie verlassen kann, bin ich sorgenfrei …

    Dinge holen einen früher oder später immer ein.  

    Dir und allen anderen trotzdem eine möglichst angenehme Weihnachtszeit. Haltet die Ohren steif. 

  • Alles Liebe 👋🏻

    Auch dir vielen Dank. Ich wünsche eine gute Zeit!

  • Alles Liebe! Vielleicht gönnst du dir nächstes Jahr zu Weihnachten einen Urlaub und fliegst/fährst irgendwo hin?

  • Alles Liebe. Sitze auch gerade in einem Hotel und gehe über die Feiertage wandern.

    Danke, dir auch. Ich wünsche dir eine gute Zeit!

  • Es tut mir leid, dass es die so mies geht, hilft Ablenkung? Andere Leute treffen?

    Bin auch total depressiv... Mein Mann hat hat mich nach 30 Jahren ausgetauscht und ich komme auch nach einem Jahr überhaupt nicht drüber hinweg. Therapie, Freunde, Kinder,...alle versuchen zu helfen, aber ich mag mich an liebsten nur noch aus dieser Welt verabschieden. Ich hoffe es gelingt mir bald, den Mut dazu zu haben. Es tut mir nur weh, die Kinder zu enttäuschen, aber sie kommen alleine klar, sie sind stark.

    Abseits von Weihnachten bin ich ausreichend abgelenkt. Das schrecklich Schöne an einsamen Weihnachten ist ja, dass man sich selbst stellen muss. Die Mittleilung meines Gemütszustandes hier allein hat schon sehr geholfen.

    Das tut mir ehlich leid und ich kann dir da freilich nicht wirklich weiterhelfen. Lediglich meine Perspektive als Scheidungskind, das massiv Zurückweisung von seinen Elternteilen empfunden hat und dadurch geprägt wurde, mitgeben: Du bist ohne jeden Zweifel liebenswert und das Wichtigste ist, dass du dich selbst liebst. Es ist leider manchmal so, dass man gerade von den Menschen, von denen man am meisten geliebt werden möchte, Ablehnung erfährt. Der Fehler liegt aber nicht bei dir, sondern bei deinem Mann. Es sagt sich leicht, aber bitte steh auf, richte dein Krönchen und gehe deinen Weg weiter. Es klingt abgedroschen, aber jede Niederlage öffnet neue Türen und ich bin guter Hoffnung, dass auch du dein wahres Glück findest, wenn du weiter gehst!

  • Ich weiß es klingt abgedroschen, aber sei froh das es nur drei Tage sind. Sowas ist überschaubar und handelbar .

    Bin ich, mir geht es im Vergleich zu vielen anderen Menschen hervorragend. Dessen bin ich mir bewusst.

  • Ich umarme dich. Bin gewollt solo seit einigen Jahren und habe mich von meiner Adoptivfamilie getrennt. Ich habe aber viele Freunde, die ich um die Weihnachtstage herum sehe. Die meisten Jahre verreise ich auch.

    Auch mir geht es 362 Tage lang gut. Viel mehr als jene mit Beziehungen (die insgesamt glücklich waren und lange), oder als ich noch Kontakt mit der Adoptivfamilie hatte.

    Aber auch ich finde die drei Tage schwer. Ich rufe aber andere Solos an, mache mir selber was Gutes zu Essen und freue mich auf eine Woche lang Programm, nach den Feiertagen.

    I proste dir zu! Wir schaffen das!

  • Ich finde das klingt eher bedenklich. Hast du denn ein paar sehr gute Freunde? Das ist super wichtig, falls mal was sein sollte. So allein durch die Welt zu gehen kann auf Dauer nicht gut gehen, da wir (ich weiß es klingt abgedroschen) soziale Wesen sind.

  • Distanziertes Verhältnis zu beiden Elternteilen muss ja nicht so bleiben. Also ich kann mir vorstellen, dass die sich auch freuen, wenn sie das Kind besuchen kommt?

    Ansonsten sind es 3 freie Tage, an denen du trotzdem das machen kannst worauf du bock hast.

    Du kannst auch überlegen, ob du in dieser Zeit was Wohltätiges machen möchtest? In der örtlichen Bücherei vorlesen, im Altersheim vorlesen, Essensausgabe, etc.

    Alles liebe!

    Die Distanz habe ich als Kind zum Selbstschutz aufgebaut, was mir sehr geholfen hat, und ich habe nicht das Bedürfnis hier etwas zu reparieren, was ich nicht kaputt gemacht habe.

    An Weihnachten sind die Möglichkeiten zur Ablenkung begrenzt und ehrlicherweis suche ich diese Konfrontation mit mir selbst zu diesem Zeitpunkt ein Stück weit.

  • Tapfer bleiben! Lass deine Emotionen zu und verdränge es nicht. Ich weiß du möchtest keinen Ratschlag aaaaaaaber :) Ich kann mich in ein paar Dingen die du erzählst wiederfinden. Mit dem distanzierten Verhalten z.B. Ich habe ein paar Menschen die ich wirklich gerne in meinem Leben habe. Ich erzähle ihnen bei jedem Treffen ein Etwas über mich. Man kann richtig merken, wie Stuck für Stück die Connection tiefer wird. Ich hoffe du hast jemanden um das einfach mal zu probieren. Ansonsten freue ich mich für dich das dein Post dir schon geholfen hat und wünsche dir trotz allem frohe Weihnachten.

  • Kurz vor Weihnachten in ein Urlaubsland mit viel Sonne fliegen. Am besten, wo Weihnachten nicht die große Rolle spielt.

  • Kein Ratschlag = depri Post schließen ?

  • wenn du reden willst, ich bin da🫂

  • Wow, krass, wie unterschiedlich Lebensweisen sein können. Ich kann nur alleine sein, wenn ich selbst weggehe, ansonsten klebt meine Familie 364 Tage im Jahr an mir. Ich liebe sie sehr, aber Zeit alleine zu Hause hätte ich auch gerne mal. Ein Wochenende im Jahr zwinge ich sie, wegzufahren, meistens sind es effektiv maximal 24 h. Ich würde gerne zeitweise mit dir tauschen, so auf Fingerschnippen. Wenn wir es gleichzeitig machen, klappt es vielleicht.