Die aktuell von Deutschland angetriebene europäische Migrationspolitik unterminiert mit den Werten der Rechtsstaatlichkeit und der Würde des Menschen die Grundlage unserer Demokratien. Wenn eine aktivistische Minderheit der Bürgerinnen und Bürger gegen sie arbeitet, demokratisch legitimierte Politik zu ihrer Desavouierung schweigt und eine Mehrheit sich nicht mehr mit ihnen aktiv identifiziert, wird unsere Demokratie beim nächsten Blasen in sich zusammensinken wie ein Kartenhaus.

Wir wünschen in dieser Zeit unseren Freunden oft eine besinnliche Weihnacht. Wenn damit mehr gemeint sein soll als Kerzenschein und Stollen, müssen wir uns besinnen und eine Politik radikal umkehren, die uns alle auf die schiefe Ebene führt, auf der bald kein Halten mehr sein wird. Die christlichen Werte allein machen die westlichen Werte nicht aus. Aber ihre Aushöhlung zieht die der westlichen Werte nach sich.

  • Ah ja, klar, die „westlichen Werte“ stehen kurz vor dem Untergang – alles wegen ein paar „aktivistischer Minderheiten“ und einer „schweigenden Mehrheit“. Gut zu wissen, dass die Demokratie wirklich nur ein Kartenhaus ist, das sofort zusammenkracht, sobald jemand eine Migrationstopfdeckel falsch anfasst.

    Und natürlich: Wenn wir nur radikal alles umkehren, retten wir die Menschenwürde! Weil offensichtlich niemand zuvor auf die glorreiche Idee gekommen ist, die Gesetze einzuhalten oder mit Geflüchteten respektvoll umzugehen. Wer hätte gedacht, dass christliche Werte und Menschenwürde so zerbrechlich sind, dass ein einziger politischer Kurswechsel sie in Stücke reißen kann?

    Ganz ehrlich, ich lege schon mal Popcorn bereit für den dramatischen Untergang Europas – hoffentlich gibt es vorher noch eine Umfrage, welche Minderheiten wir als Schuldige ausrufen.

  • Die Diktierung und Einhaltung vermeintlicher "westlicher Werte" in Zeiten der Krisen und nationalen Zerfalls ist eine irrationale Forderung, welche makroskopisch die Gesellschaft destabilisiert, nur damit Journos wie derjenige des SZ Artikels und gutsituierte Bürger sich in ihrer Wertevorstellung wohlfühlen.

    Das Christentum wird immer zum passenden Werkzeug jener Säkularisten, die sich für diese Wertevorstellung einsetzen. Jenseit dieser Aufgabe ist die Religion dann aber nur noch das hinderliches Überbleibsel der staatlichen Geschichte, welche ansonsten sehr "steril" behandelt wird.

    Tja. Die Botschaft Jesu war die Gnade. Die können und wollen wir uns nicht mehr leisten. Ein gutes Leben für alle interessiert uns nicht mehr, nur ein gutes Leben für uns selbst. Es ist nicht die Wirtschaft, die kaputt geht, es ist die Wirtschaft, die uns kaputt macht.

  • "Westliche Werte"

    Hau mir ab lol

    Bürgerliche Staaten scheißen selbstverständlich auf praktisch alle Werte, sobald sie der Durchsetzung der heimischen Kaputalinteressen im Weg stehen. Das war schon immer so und wird auch so bleiben.

  • Das waren schon immer die westlichen Werte. Es sind seit 50 Jahren jedes Jahr -  völlig vermeidbar für keine 20 Milliarden pro Jahr - 15-20 Millionen Menschen gestorben (mangels Zugang zu sauberem Wasser, Mangelernährung oder rudimentärste medizinische Versorgung). Das ist Kapitalismus. Für jeden Gewinner muss es Tausende Verlierer geben.

    Es wird nur halt durch die Vernetzung, Social Media etc. immer schwerer es zu verstecken und zu verdrängen.

    Deswegen hat Rosa Luxemburg so schön "Sozialismus oder Barbarei" gesagt.

  • Unsere Asylpolitik nimmt Menschen auf, die vor Krieg, Terror, Gefahr und Verfolgung fliehen. Wir nehmen aber niemanden mehr auf, der durch unzählige Länder gereist ist, bis er Deutschland erreicht oder die EU. Daran ist nichts verwerflich. Auch nicht daran, Menschen wieder zurück zu führen, wenn die Verfolgung und Gefahr endet. Ganz im Gegegnteil sogar. Es ist die Definition von Asyl.

    Wer migrieren möchte, muss einen Job haben, sich integrieren, die Sprache lernen. Bedingungslos geht das nirgendwo auf der Welt. Auch daran sehe ich nichts Falsches.

    Komplett daneben ist es, bedingungslos jeden aufzunehmen um dann 10 Jahre später zu merken "Verdammt! Wir haben die Ängste der Bevölkerung nicht wahrgenommen und jetzt sind die Fachisten stärkste Kraft im Land."

    Man Stelle sich vor, dass so mit den deutschen und europäischen Juden im zweiten Weltkrieg verfahren worden wäre.

    Edit: oder man hätte sie gezwungen nach dem zweiten Weltkrieg in ihr "Heimatland" zurückzukehren.

    Du vergleichst Äpfel mit Birnen und verharmlost dabei ganz beiläufig den Holocaust. Viele Juden, die vor den Nazis fliehen wollten, mussten bleiben oder sogar zurückkehren, da kein Land sie aufnehmen wollte. Einige, die keine Visa bekommen haben und es trotzdem versucht haben, über den Seeweg zu entkommen, haben nirgendwo die Erlaubnis bekommen, von Bord zu gehen. Als Lehre aus dieser tragischen Geschichte wurde das heutige internationale Asylrecht geschaffen.

    Nun denk mal nach: wie viele sichere Länder liegen zwischen Deutschland und zum Beispiel Syrien oder Afghanistan? Wie viele von diesen Ländern haben die Genfer Flüchtlingskonvention unterschrieben und nehmen Flüchtlinge auf? Merkst du den Unterschied? Viele Menschen, die sich heutzutage auf Asyl berufen, kommen nicht deshalb nach Deutschland, weil kein anderes Land sie aufnehmen wollte. Sie kommen, weil hier das Leben besser ist – u.a. nicht zuletzt wegen der großzügigen Sozialleistungen.

    Mit dem ursprünglichen Konzept von Asyl hat das genauso wenig zu tun wie diese Menschen mit den Flüchtlingen von damals. In unserem Grundgesetz steht nicht umsonst, dass sich jemand, der über ein sicheres Drittland nach Deutschland kommt, nicht auf Asyl berufen kann. Verstößt das Grundgesetz jetzt auch gegen "westliche Werte"?

    Ich würde dir zustimmen, wenn die Ängste berechtigt wären. Das Problem lag allerdings nie bei Migration, sondern in einer sich verändernden Demografie und Wirtschaftslage. Dies hat man damals zu Zeiten der sogenannten Flüchtlingskrise versucht zu erklären, und es wäre volkswirtschaftlich absolut sinnig gewesen mehr Migration in unseren Arbeitsmarkt zuzulassen, denn wir brauchen dringend jüngere Fachkräfte. Stattdessen war der Widerstand enorm, und es wurden von rechter Seite Ängste geschürt die diesen Prozess behindert haben aus politischem Kalkül. Jetzt stehen arbeitsfähige Menschen vor einem Bürokratiedschungel, kriegen ihre ausländischen Abschlüsse nicht anerkannt und liegen gezwungenermaßen dem deutschen Staat auf der Tasche weil er ihnen auch keine Alternative anbietet. Ich befürchte das Kind ist damit in den Brunnen gefallen. Wir hätten nach 2015 und 2016 entschieden handeln sollen, haben wir aber nicht. Und jetzt müssen wir uns mit Faschisten auseinandersetzen, bevor wir auch nur an die nötige Migration in unseren Arbeitsmarkt denken können.

    Interessante These. Kann es aber sein, dass die Menschen, die damals zu uns kamen, größtenteils nicht über die nötigen Qualifikationen verfügten (geschweige denn über ausreichende Deutschkenntnisse) um den Fachkräftemangel zu decken? Kann es auch sein, dass wir viel mehr Menschen aufgenommen haben, als wir überhaupt integrieren und in den Arbeitsmarkt bringen konnten (was Sprachkurse, Ausbildung usw. betrifft)?

    Als jemand, der vor vielen Jahren als ausländische Fachkraft nach Deutschland gekommen ist und einige Geflüchtete persönlich kennt, kann ich sagen: es ist viel leichter, über Asyl nach Deutschland einzuwandern und von Sozialleistungen zu leben, als über Arbeitsmigration. Man bekommt unfassbar viele Steine in den Weg gelegt – selbst wenn man Deutsch spricht, notwendige Qualifikationen besitzt und bereits einen Arbeitsvertrag mit einer deutschen Firma hat. Aber darüber redet kaum jemand.

    Sowohl von links als auch von rechts hört man immer nur etwas über "Ausländer". Die einen meinen, alle Ausländer seien gut, die anderen schimpfen, alle Ausländer seien böse. Und alle tun so, als gäbe es keinen Unterschied zwischen Arbeitsmigration und anderen Einwanderungswegen. Kaum jemand erkennt, dass wir nicht einfach "mehr Migration" brauchen, sondern gezielt Arbeitsmigration, weil über diese Wege Menschen direkt in den Arbeitsmarkt kommen, vom ersten Tag an arbeiten und Steuern zahlen. Stattdessen werden qualifizierte Fachkräfte durch hohe Steuern und steigende Lebenshaltungskosten abgeschreckt, während mit falschen Anreizen mehr Menschen angezogen werden, die dem Staat enorme Summen kosten, bis sie überhaupt – wenn überhaupt – einer qualifizierten Arbeit nachgehen können.

    Warum geht es denn Befürwortern nicht in den Kopf, dass gar nicht mal so wenige Menschen der Republik einfach nicht mehr Migration wollen?

    Dass sie die Innenstädte nicht mit teilweise mit Kopftuch verhüllten und hinter langen Bärten verstecken Menschen teilen wollen?

    Dass sie sich zwischen all den anderen deutschen "Kartoffeln" wohl gefühlt haben?

    Und warum zur Hölle soll man das verwerflich finden und den Menschen das Recht auf diesen Wunsch absprechen?

    Das kann ich dir sagen, schlicht und ergreifend weil ich denke dass Fremdenfeindlichkeit in einer demokratischen Gesellschaft keinen Platz hat.

    Es wäre die Aufgabe von Politikern oder Anführern im Allgemeinen, die ihnen betrauten Menschen zu Offenheit und Gemeinschaft zu führen, weil nur so Demokratie funktionieren kann. Was stattdessen passiert, ist ein sogenanntes "Othering" über Stereotypen, genauso wie das was du gerade geschrieben hast. Die Fremden sehen anders aus als wir, daher haben sie hier kein Bleiberecht. Die leben anders, also müssen sie weg.

    Das wahre Problem sind nicht die Fremden, sondern der soziale und wirtschaftliche Abstieg der Einheimischen. Dieser Abstieg ist real, aber der hat mit Zuwanderung nichts zu tun, sondern mit Ungleichheit von Vermögen, zunehmender Privatisierung und erodierenden sozialen Bezugsgruppen. Das Problem ist hausgemacht, und die Menschen die uns dieses Problem eingebrockt haben lenken die Aufmerksamkeit von sich weg und hin zu den Schwächsten der Gesellschaft.

    Diese Logik fortgesetzt wird im Faschismus enden, deswegen spreche ich den "Kartoffeln" diesen Wunsch ab von dem du sprichst, und positioniere mich solange dagegen wie es nötig ist.

    Es geht ihnen schon in den Kopf, rechtsregressive Teile unseres politischen Spektrums haben schließlich lange genug dafür Stimmung gemacht. Kopftücher waren schon vor 30 Jahren ein rotes Tuch, das wird sich nicht ändern, bis die letzte Kopftuchträgerin abgeschoben ist - ob emanzipiert oder nicht.

    Dass sie sich zwischen all den anderen deutschen "Kartoffeln" wohl gefühlt haben?

    Ich fühle mich zwischen Kartoffeln wohl. Ich fühle mich auch zwischen Menschen wohl, von denen nur ein Teil Kartoffeln ist (und der Rest erfahrungsgemäß immer mehr Kartoffeln wird).

    Und warum zur Hölle soll man das verwerflich finden und den Menschen das Recht auf diesen Wunsch absprechen?

    Sie können den Wunsch ja haben, aber sie sind nunmal nicht die einzigen, die von der Erfüllung ihrer Wünsche betroffen wären. Und wenn die Kartoffeln, die am wenigsten Kontaktpunkte mit Migration haben am penetrantesten gegen sie agitieren, dann muss man sich doch fragen, wie legitim diese Wünsche sind.

  • Und was bedeuten Du christlichen Werte, was hat sich daran geändert? Ich wünsche meinen Freunden (auch Muslimen und Buddhisten) eine besinnliche Weihnacht. Gehe auf den Weihnachtsmarkt, esse Stollen und Lebkuchen. War an heilig Abend in der Kirche, in der meine Kinder zusammen mit Kindern und in Krippenspiel vorgeführt haben. Dabei übrigens auch Kinder mit Migrationshintergrund (ich saß dieses Jahr sogar neben 2 Muslima mit Kopftuch in einem von einer evangelischen Pastorin geleiteten Gottesdienst).

    Wir sind es die christliche Werte verraten. In dem wir aktuell zum Beispiel afghanische Ortskräfte die für unsere Soldaten ihr Leben riskiert haben, im Stich lassen.

    Es steht dir frei so viele bei dir zu Hause aufzunehmen wie du es dir leisten kannst, das impliziert nicht, dass du alle anderen zwingen kannst das Gleiche zu machen.

  • Ich glaub das Verständnis von westlichen Werten unterscheidet sich von Person zu Person massiv, wenn ich das hier lese. Frohe Weihnachten.

  • Menschenwürde bedeutet nicht, die gesamte dritte Welt in Europa aufzunehmen. Menschenwürde ist durch Like, Grüne und Merkelianer zu Neusprech geworden, es werden immer mehr "Rechte" unter Menschenwürde subsumiert, die da nicht hingehören.

    Ein Tag so nen begrenzten Horizont haben wie du. Das muss herrlich sein... Was denkst du denn, Jochen, warum es diesen Drittweltländern so geht, wie es denen geht? Hängt das vll damit zusammen, dass für westliche Kapitalinteressen und billige Resourcen da alle Jahre wieder das Land ins Chaos geschickt wird? Die Kinder im Kongo graben nicht zum Spaß das mit ihren kleinen zarten Fingerchen, sondern, weil westliche Firmen mit den lokalen Warlords als Handlanger billiges Kobalt wollen. Die EINZIGE relevante Fluchtursache ist westliche Zerstörungswut für Kapitalinteressen.

    Ja, ja, der edle aber ausgebeutete Wilde. Das hat die Chinesen nicht aufgehalten, das hat die Inder nicht aufgehalten (trotz der anhaltenden Probleme). Was ist mit den Ländern die auf der UDSSR et al hervorgegangen sind? Polen, Ungarn, Tschechien? Sind die so arm wie der Kongo? Oder so korrupt?

    Jaz das böse Kapital ist schuld, oder sonst wer aber niemals hat man selber etwas zu verantworten. Ausser man ist ehemalige "Kolonialmacht" (lel), dann ist man ewiger Sünder.