Hallo,
kurz vor Weihnachten ist bei mir ein Äußerungsbogen/Anhörungsbogen ins Haus geflattert. Mir wird vorgeworfen, Betrug begannen zu haben und ich wollte eure Meinung hören.
Zum Hintergrund:
Im Herbst 2023 gründeten ein Freund von mir und ich eine UG mit 2.500 EUR Stammkapital. Wir hielten jeweils 50% der Anteile. Mein Freund ist lediglich Kapitalgeber, operativ nicht tätig und überhaupt nicht im Geschäft involviert. Ich jedoch bin auch Geschäftsführer.
Über Mundpropaganda hatte ich erfahren, dass eine abgewirtschaftete Tabledance-Bar in der Provinz einen neuen Pächter sucht und ich hatte die Schnappsidee, das neben dem Vollzeitjob am Wochenende als absoluter Quereinsteiger noch zu machen. Mein Freund wohnt mehrere Hundert Kilometer weit weg, fande die Idee interessant und hat eben etwas Geld beigesteuert.
Welch Überraschung - der Laden lief nie gut, da ich weder aus dem Gaststättengewerbe komme noch irgendwelche Kontakte zu Tänzerinnen hatte und auch die Örtlichkeit rückblickend betrachtet einfach Mist war. Ich aber irgendwie so angefixt von der Idee am Anfang.
Nach etwas mehr als einem halben Jahr, im April 2024 haben wir uns dann entschieden, dass wir das Geschäft wieder abgeben wollen. Bis dahin hatte ich noch 3.000 EUR und mein Freund 6.000 EUR als Gesellschafterdarlehen zugeschossen gehabt.
Eine Interessentin trat hervor und es kam Mitte April zu einem Treffen. Bei diesem Treffen war sie, ihr Bruder und ich vor Ort in der Bar. Wir haben ca. 1 Stunde oberflächlich geredet gehabt und ich habe gemeint, dass es prinzipiell 2 Möglichkeiten gibt: Share Deal oder Asset Deal. Beide seien für mich/uns okay.
Sie hat von sich aus gleich gesagt, dass sie die UG übernehmen möchte, da dann die Genehmigungen alle einfach übernommen werden können. Die Schankerlaubnis und auch die Erlaubnis zur Schaustellung von Personen liefen über die UG. Als Geschäftsführer gab es zwar die Verlässlichkeitsprüfung (Einreichen von Führungszeugnis, Unbedenklichkeitsbescheinigung vom FA, etc.), aber die Erlaubnisse liefen alle über die UG. Die Interessentin meinte, dass das besser sei, weil sie dann a) nicht nochmal alles neu abnehmen und genehmigen lassen muss (Kostenersparnis) und b) sie das Geschäft dann auch gleich weiterführen wird (Zeitersparnis). Und sowieso muss sie dann auch nicht mit dem Vermieter einen neuen Vertrag aushandeln, sondern kann das alles so übernehmen. Ich habe darauf hingewiesen, dass sie dennoch mit dem Vermieter reden sollte, da es mündliche Vereinbarungen gibt und ich nicht weiß, wie er zu diesen steht, wenn jemand anderes die UG betreibt. Auf jeden Fall hat sie nach dem Preis für die UG gefragt und ich habe gesagt, dass wir so schnell wie möglich aus der UG raus möchten und wir unsere finanziellen Verluste wieder haben wollen, sprich 2.500 EUR Stammkapital plus Ablösung der Gesellschafterdarlehen i. H.v. 3.000 EUR und 6.000 EUR, in Summe also 11.500 EUR. Was ich suspekt fand, war, dass sie gleich zugesagt hat, aber "ihr Anwalt" sich nochmal bei mir melden wird und das alles prüfen wird.
Nach einer Stunde Smalltalk, absolut keiner Due Dilligence, kein Nachfragen nach dem Mietvertrag, BWAs, Kontoauszüge etc. hatte sie schon zugesagt. Ich habe sie deshalb als Schwätzerin im Kopf schon abgeschrieben, jedoch hat sich dann ihr "Anwalt" ein paar Tage später per Mail bei mir gemeldet. In seiner Vorstellungsmail hat er sich als Berater von der Interessentin ausgegeben, inhaltlich war die Mail eine Selbstbeweihräucherung, mit Angaben, was er schon alles gemacht hat, kann und weiß. Er sei kein Anwalt, sondern kenne sich sehr gut mit solchen Transaktionen aus, für gewöhnlich schreibt er sogar die Entwürfe für den Notar und dieser beurkundet das dann nur noch. In meinen Augen also ein weiterer Schaumschläger.
Auf jeden Fall bestand seine Due Dilligence dann lediglich daraus, dass er nach der Gründungsurkunde bzw. dem Handelsregisterauszug gefragt hat, weil unter der Adresse/dem Gebäudekomplex zwei Kapitalgesellschaften vorhanden sind. Er hat dann auch zu einem weiteren Gespräch eingeladen, bestand jedoch darauf, dass es in den Räumlichkeiten der Interessentin stattfindet.
Das Gespräch fand dann am 3. Mai 2024 im Tattoostudio von ihrem Bruder statt. Teilnehmer des Gesprächs waren sie, ihr Bruder (der auch dieses Mal wortlos einfach zugehört hat), der "Berater" und ich. Dieses Gespräch hatte ebenfalls Smalltalk-Charakter und sie hat schon erzählt, wie viele Kontakte sie hat, was sie alles anders machen wird etc.
Nach einer Weile habe ich gesagt, dass ich enttäuscht bin, wie das bisher abgelaufen ist und ich das ganze Geschäftsgebahren für nicht wirklich seriös halte. Im ersten Gespräch war nämlich von einer Übernahme zum 1. Mai 2024 schon die Rede gewesen (auch wenn das ja wegen einem Notartermin sehr unwahrscheinlich war). Sie meinte jedoch, dass wir das jedoch jetzt sofort klar möchen können zu den vereinbarten Konditionen.
Mein Vorschlag war dann, dass wir eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einberufen, mich als Geschäftsführer abberufen und Entlastung erteilen sowie sie als Geschäftsführerin berufen. Die Bar hatte ich Ende April sowieso geschlossen, weil ich keine Tänzerinnen habe. Schlüsselübergabe wird jedoch nach dem Notartermin stattfinden. Wir schreiben das Ordnungsamt an und teilen mit, dass sie ab sofort für den Betrieb zuständig und als Geschäftsführerin berufen ist und die UG kaufen wird. Mit dem Gesellschafterbeschluss kann sich dann vor dem Notartermin auch noch mit dem Vermieter, Steuerberater, etc. unterhalten, da die Berufung ja bereits wirksam ist und falls die sich querstellen, soll sie mich anschreiben und ich erteile ihr dann zusätzlich noch eine Vollmacht.
Der Vorschlag wurde von ihr und ihrem Berater so bejaht - also meinen Freund angerufen und erzählt, was jetzt gemacht wird und ob, das so für ihn in Ordnung ist. Er war auch einverstanden damit. Da er 500 km weit weg war, hat er das Gesellschafterprotokoll ausgedruckt, unterschrieben, eingescannt und uns dann geschickt. Der Bruder der Interessentin hatte das dann ausgedruckt. Die spätere Käuferin war auch als Protokollführerin aufgeführt, so dass auch ihre Unterschrift darauf ist, da ja sonst lediglich die von meinem Kumpel und mir als Gesellschafter darauf gewesen wären. Den Beschluss haben wir dann in 3-facher Ausführung gefasst und auch eingescannt.
Den Scan dieses Beschlusses habe ich an das Ordnungsamt geschickt, mitgeteilt, dass die spätere Käuferin ab sofort zuständig ist, das Geschäft aktuell geschlossen ist und sie sich noch gesondert beim Ordnungsamt melden wird. Die spätere Käuferin habe ich auch in CC dieser Mail genommen.
Notartermin wurde tatsächlich dann auch fix ausgemacht und erfolgte Mitte Mai 2024. Dabei hat sie dann auch den Gesellschafterbeschluss zwecks Geschäftsführerwechsel beim Notar für die Anmeldung beim Handelsregister eingereicht. Jener Beschluss mit ihrer Berufung am 3. Mai 2024 ist auch so im Handelsregister auffindbar.
Schlüsselübergabe, Auflistung von Passwörtern für die Homepage, E-Mai Postfächer etc. lief auch alles überraschenderweise problemlos. Meine Nachfrage, ob sie sich denn auch mit dem Vermieter kurzgeschlossen hatte, wurde verneint. Ich habe aber nichts mehr dazu gesagt, weil mich das nichts mehr anging.
Ende Mai schreibt dann das Notariat sowohl meinen Kumpel als auch mich an, dass die Käuferin vom Kaufvertrag zurücktreten möchte. Da die Anteile bereits wirksam abgetreten wurden bedarf das unserer Zustimmung. Anteilsabtretung erfolgte sofort, die neue Gesellschafterliste sollte jedoch erst nach unserer Zahlungsbestätigung beim Handelsregister eingereicht werden. Wir haben unsere Zustimmung zur Rückabwicklung verneint und vollstreckbare Ausfertigungen der Urkunde angefordert, da wir davon ausgehen mussten, dass die Käuferin die 11.500 EUR nicht zahlen wird.
Wir haben ein Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet und tatsächlich zu unserer beiden großen Überraschung im Januar 2025 dann eine Vollzahlung über den Zwangsvollstrecker erhalten. Das Notariat also mit Kontoauszügen angeschrieben und mitgeteilt, dass die neue Gesellschafterliste eingereicht werden kann. Dies ist dann auch erfolgt.
Für uns war die Sache nun final erledigt, jedoch hat mein Kumpel Anfang September 2025, also fast 1,5 Jahre nach Verkauf eine Vorladung von der Polizei als Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren wegen Betrugs bekommen. Keine Nennung von Ort oder Zeit. Er konnte damit nichts anfangen, hat bei der Polizei angerufen, den Termin abgesagt und über einen Online-Anwalt Akteneinsicht beantragt. Nachdem Anfang November immer noch keine Akteneinsicht erfolgt ist, hat der Anwalt nochmals die Polizei bei ihm im Ort mit dem Aktenzeichen der Vorladung angeschrieben und an die Akteneinsicht erinnert. Die Polizei hat dann schriftlich mitgeteilt, dass auch dieses Akteneinsichtsgesuch an die Staatsanwaltschaft XXX weitergeleitet wurde.
Nachdem der Ort der Staatsanwaltschaft genannt wurde, wurde meinem Kumpel klar, dass es mit der UG zusammenhängen muss, da es sich bei der Staatsanwalt um diese aus der Stadt handelte, in dessen Registergericht die UG geführt wird und er sonst keine Verbindung zu dem Ort hat.
Ca. zwei Wochen später habe ich von ehemaligen Nachbarn von mir erfahren, dass mich die Polizei mehrmals an meiner alten Wohnadresse aufgesucht hätte, an der ich schon seit über 6 Monaten nicht mehr lebe. Aus naheliegenden Gründen hat sie mich dort also nicht vorfinden können. Ich habe kurz überlegt, ob ich mich bei der dortigen Polizeidienststelle proaktiv melden soll, habe davon jedoch abgesehen, da ich mich schon vor Monaten bereits an meinem neuen Wohnort umgemeldet habe. Ich gehe jedoch davon aus, dass die Besuche dann auch im Zusammenhang mit den Vorwürfen stehen, da im Notarvertrag noch diese Adresse genannt wird.
Nicht wissend, was mir vorgewurfen wurde, habe ich schon die Befürchtung gehabt, dass eine Hausdurchsuchung bevorsteht - warum sonst sucht mich die Polizei sonst auf? Kurz vor Weihnachten habe ich dann jedoch unspektakulär einen Äußerungsbogen von der Polizei bekommen.
Vorgeworfene Straftat: Betrug
Versuch: Nein
Ereignisort/-zeit: [das ist der Tag Ort des Notars und der Tag des Notartermins]
"Im Rahmen des weiteren Ermittlungsverfahren soll Ihnen die Möglichkeit gegeben werden, sich zu der Sache zu äußern. Bezüglich der Ihnen zustehenden Rechte verweise ich auf das Beiblatt. Ihnen wird vorgeworfen im Rahmen des Verkaufes von Anteilen an der XXX UG Frau YYY bewusst verschwiegen zu haben, dass Mietrückstände i.H.v. 5023,50 EUR auszugleichen waren. Dies stellt den Anfangsverdacht eines Betruges dar."
Wie sich die angeblichen Mietrückstände zusammensetzen, kann ich mir nicht ganz genau erklären. Mündlich war mit dem Vermieter vereinbart, dass bis zum Vorliegen der Genehmigungen lediglich eine halbe Monatsmiete bezahlt werden muss. Ich meine mich erinnern zu können, dass das die ersten 2 Monate betroffen hatte. Eine Mahnung über ausstehende Mieten haben wir nie bekommen, da das so vereinbart war. Ansonsten war immer alles bezahlt (Miete, Strom, Gas, GEMA, ...). Miete waren knapp 3.000 EUR brutto (Miete + NK), sprich ca. 2.500 EUR netto. Wenn ich zweimal einen halben Monat plus einen vollen Monat (für den Mai, den sie schon zahlen hätte sollen) nehme, komme ich in etwa auf die 5.000 EUR. Das ist aber nur Spekulation meinerseits, dass das die Berechnung ist von den angeblichen Mietrückständen.
Die letzte Info vom Online-Anwalt von meinem Kumpel war eine Weiterleitung eines Schreibens von der Staatsanwaltschaft mit der Information, dass die Akte derzeit versandt sei (falls es heutzutage tatsächlich noch physische Akten gibt, möglichweise ja bei der Polizei an meinem alten Wohnort). Stand heute hat er noch keine Akteneinsicht bekommen.
Meine Fragen sind wie folgt:
1) Wie soll ich reagieren?
Ich persönlich würde das einfach unbeantwortet lassen und überhaupt nicht reagieren.
2) Es gibt - abgesehen von ein paar WhatsApp Nachrichten an die Käuferin zwecks Terminabstimmung u. Ä. sowie Emails an den "Berater" (Handelsregisterauszug, Gründungsurkunde) sowie Notarvertragsentwurf nichts "konkretes" für ein Verschweigen, aber im Umkehrschluss auch nichts nachweisbares für ein Offenlegen. Es war alles nur mündlich, die Due Dilligence waren lediglich diese zwei Termine mit Smalltalk und dann eben die Geschäftsführerbestellung, welche schriftlich vorliegt und ihr die Möglichkeit hätte geben sollen, sich nach Belieben zu informieren.
3) Macht es Sinn, nach der Akteneinsicht schriftlich wenigstens auf die Geschäftsführerbestellung hinzuweisen, sofern die nicht in der Akte ist? Vermutlich dürfte ja dort nur ihre Sicht der Dinge drinnen stehen. Der Online-Anwalt organisiert tatsächlich nur die Akteneinsicht, macht aber keine Beratung. Ungern möchte weder mein Kumpel noch ich jetzt Geld in die Hand nehmen.
4) Ist es möglich, dass mir "mehr" vorgeworfen wird, als was im Bogen steht? Oder ist es unwahrscheinlich, dass die Polizei zwecks Hausdurchsuchung an der alten Adresse war? Dieser Vorwurf alleine würde doch nicht dafür ausreichen, oder? Ich fande es nur merkwürdig, dass die wohl extra mehrmals dahingefahren ist.
5) Ausgehend davon, dass das jetzt 1,5 Jahre nach dem Verkauf aus dem Nichts kommt, zivilrechtlich auch nichts unternommen wurde, also weder wurde der Vertrag angefochten noch hat sie bisher Schadenersatz gefordert, sie zum Zeitpunkt der Verkaufs schon Geschäftsführerin war, in den Gesprächen darauf hingewiesen wurde, dass sie mit dem Vermieter reden soll und sie im Januar, also nach einem 3/4 Jahr nach dem Notartermin dann doch bezahlt hat, wie seht ihr die Merkmale von Betrug erfüllt?
6) Kann abgeschätzt werden, wann in etwa sie die Anzeige erstattet haben wird? Sinn macht es ja entweder im Frühjahr 2024, als wir ihrem Rücktritt nicht zugestimmt haben oder aber im Januar 2025, als sie den Kaufpreis dann an die Gerichtsvollzieherin gezahlt hatte.
TL;DR: 1,5 Jahren nach einem Anteilsverkauf an einer UG wirft die Käuferin den Käufern Betrug vor (bewusstes Verschweigen von Mietrückständen). Sie war zum Zeitpunkt der Verkaufs jedoch seit knapp 10 Tagen alleinige Geschäftsführerin der UG und hat den Kaufvertrag nie angefochten und auch zivilrechtlich bisher noch keinen Schadenersatz geltend gemacht. Den Kaufpreis hat die Käuferin erst über ein Zwangsvollstreckungsverfahren bezahlt.
Das Geld dafür ist zum Fenster hinausgeworfen. Als Beschuldigter steht deinem Freund selbst ein Recht auf Akteneinsicht zu, solange er keinen Verteidiger benannt hat. Wenn dieser sowieso nicht vor hat, den RA für das Hauptverfahren als Verteidiger zu wählen, hätte er auch direkt selbst Akteneinsicht beantragen können.
Ohne weitere Kenntnis zum Akteninhalt, insbesondere der Ursache für die vermeintlichen Mietrückstände und Infos darüber, was konkret gegen dich vorliegt, solltest du dich zunächst nicht einlassen. Das würde ich an deiner Stelle der Polizei so auch mitteilen und diese nicht einfach ignorieren, anderenfalls entscheidet die StA im Zweifel nach Aktenlage, wie es mit dem Verfahren weitergeht.
Also, Polizei anschreiben, mitteilen dass du zunächst Rücksprache mit einem Verteidiger halten möchtest und entweder selbst oder direkt über einen Verteidiger Akteneinsicht beantragen. Auf Grundlage des Akteninhalts ließe sich dann beurteilen, ob es sinnvoll ist, dass du dich zu der Sache schriftlich einlässt bzw. was man in eine Verteidigungsschrift schreiben sollte.
Es wird gegen dich ermittelt, daher solltest du auch selbst (oder über einen Verteidiger in deinem Namen) Akteneinsicht beantragen und dich nicht einfach auf den Akteninhalt im Verfahren gegen deinen Freund verlassen. Wie schon gesagt, müsste man den Inhalt der Ermittlungsakte kennen, um beurteilen zu können, worauf in einer Verteidigungsschrift sinnvoll einzugehen wäre. Natürlich würde man aber auf diesen Umstand hinweisen, wenn er bisher unbekannt ist.
Nein, grundsätzlich erst einmal nicht. Dir wurde Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben, im Anhörungsbogen sind die Rechtsnormen genannt, wegen denen gegen dich ermittelt wird. Wenn im Anhörungsbogen nur § 263 StGB steht, dann wird auch nur wegen Betruges gegen dich ermittelt.
Die Polizei kann einen Durchsuchungsbeschluss im Übrigen nicht alleine vollstrecken, es müsste ein Ermittlungsrichter, Amts- oder Staatsanwalt oder sonstiger Beamter bzw. zwei Durchsuchungszeugen dabei sein. Darüber hinaus würde man von der Vollstreckung auch nicht einfach so absehen, nur weil man dich nicht persönlich antrifft. Dass man zwecks Vollstreckung eines Durchsuchungsbeschlusses an deiner alten Wohnanschrift war, halte ich daher für unwahrscheinlich.
Auch hierzu lässt sich leider erst einmal relativ wenig sagen. Wodurch sich der Tatverdacht ergibt und wie die Ermittlungsbehörde hierauf gekommen ist, geht aus der Ermittlungsakte hervor. Wenn du von den vermeintlichen Mietrückständen nichts wusstest, kannst du diesbezüglich auch nicht vorsätzlich einen Irrtum erregt haben.
Dies geht ebenso aus der Ermittlungsakte hervor. Bei Wirtschaftsdelikten können Ermittlungen durchaus länger dauern als bei anderen Delikten, die genaue Verfahrensdauer ist aber immer von der zuständigen Ermittlungsbehörde, deren Organisation sowie ihrer momentanen Auslastung abhängig.
Zu 1. Ganz wichtig: beantrag selbst akteneinsicht. Nur so kannst du sicherstellen, dass du alle Infos hast. Du brauchst dafür übrigens keinen Anwalt, beantrag sie selber, das ist wesentlich günstiger. Die persönlichen Angaben auf dem äußerungsbogen sind pflichtangaben, diese musst du ausfüllen. Ganz oben auf dem Bogen steht normalerweise drauf, welche Angaben genau Pflicht sind. (Name, Geburtstag und - ort, Anschrift usw) die Pflichtangaben musst du natürlich wahrheitsgemäß ausfüllen, komplett ignorieren kannst du den Bogen meines Wissens also nicht. Sonst empfiehlt es sich, keine weiteren Angaben zu machen solange du keine akteneinsicht hast. Daraus kann dir quasi nur ein Nachteil entstehen.
Zu 2. Akteneinsicht abwarten. Darin muss stehen, wieso dir vorsatz vorgeworfen wird.
Zu 3. in der akte stehen alle Ermittlungsergebnisse und Beweise gegen dich, nicht nur die Angaben von Frau yyy. Falls die Bestellung nicht drinnen steht würde es wahrscheinlich sinn machen, darauf hinzuweisen. Kann man aber nur beurteilen wenn du die akte hast.
Zu 4. Nein, der Bogen muss alle straftaten aufführen. Hausdurchsuchung halte ich für unwahrscheinlich, die hätte ein Gericht anordnen müssen und da hätten sie deutlich schneller deine neue Anschrift ausfindig gemacht.
Ohne Informationen aus der akte schlichtweg nicht zu beantworten. Verjährt ist der Betrug sicher noch nicht, mehr kann ich dazu nicht sagen
Steht auch in der akte
rein Interessehalber: Ich meine gelesen zu haben, dass man als Nicht-Anwalt nur teilweise Akteneinsicht bekommt und nur Anwälte volle Akteneinsicht erhalten. Ist das falsch?
Das ist veraltet. Akteneinsicht ist in §147 stpo geregelt. Dieser wurde 2018 überarbeitet. Davor besagte der abs. 7 sinngemäß, dass beschuldigten ohne anwalt nur verteidigungsrelevante Teile der Akten zur Verfügung gestellt werden. Abs. 7 wurde gestrichen und der Paragraph überarbeitet. heute hat der beschuldigte ohne anwalt gem §147 IV stpo grundsätzlich die gleichen einsichtsrechte wie mit Anwalt.
Da in letzter Zeit viele Posts gelöscht werden, nachdem OPs Frage beantwortet wurde und wir möchten, dass die Posts für Menschen mit ähnlichen Problemen recherchierbar bleiben, hier der ursprüngliche Post von /u/Major_Talk_9052:
Ermittlungsverfahren wegen Betrug / Schriftliche Äußerung
Hallo,
kurz vor Weihnachten ist bei mir ein Äußerungsbogen/Anhörungsbogen ins Haus geflattert. Mir wird vorgeworfen, Betrug begannen zu haben und ich wollte eure Meinung hören.
Zum Hintergrund:
Im Herbst 2023 gründeten ein Freund von mir und ich eine UG mit 2.500 EUR Stammkapital. Wir hielten jeweils 50% der Anteile. Mein Freund ist lediglich Kapitalgeber, operativ nicht tätig und überhaupt nicht im Geschäft involviert. Ich jedoch bin auch Geschäftsführer.
Über Mundpropaganda hatte ich erfahren, dass eine abgewirtschaftete Tabledance-Bar in der Provinz einen neuen Pächter sucht und ich hatte die Schnappsidee, das neben dem Vollzeitjob am Wochenende als absoluter Quereinsteiger noch zu machen. Mein Freund wohnt mehrere Hundert Kilometer weit weg, fande die Idee interessant und hat eben etwas Geld beigesteuert.
Welch Überraschung - der Laden lief nie gut, da ich weder aus dem Gaststättengewerbe komme noch irgendwelche Kontakte zu Tänzerinnen hatte und auch die Örtlichkeit rückblickend betrachtet einfach Mist war. Ich aber irgendwie so angefixt von der Idee am Anfang.
Nach etwas mehr als einem halben Jahr, im April 2024 haben wir uns dann entschieden, dass wir das Geschäft wieder abgeben wollen. Bis dahin hatte ich noch 3.000 EUR und mein Freund 6.000 EUR als Gesellschafterdarlehen zugeschossen gehabt.
Eine Interessentin trat hervor und es kam Mitte April zu einem Treffen. Bei diesem Treffen war sie, ihr Bruder und ich vor Ort in der Bar. Wir haben ca. 1 Stunde oberflächlich geredet gehabt und ich habe gemeint, dass es prinzipiell 2 Möglichkeiten gibt: Share Deal oder Asset Deal. Beide seien für mich/uns okay.
Sie hat von sich aus gleich gesagt, dass sie die UG übernehmen möchte, da dann die Genehmigungen alle einfach übernommen werden können. Die Schankerlaubnis und auch die Erlaubnis zur Schaustellung von Personen liefen über die UG. Als Geschäftsführer gab es zwar die Verlässlichkeitsprüfung (Einreichen von Führungszeugnis, Unbedenklichkeitsbescheinigung vom FA, etc.), aber die Erlaubnisse liefen alle über die UG. Die Interessentin meinte, dass das besser sei, weil sie dann a) nicht nochmal alles neu abnehmen und genehmigen lassen muss (Kostenersparnis) und b) sie das Geschäft dann auch gleich weiterführen wird (Zeitersparnis). Und sowieso muss sie dann auch nicht mit dem Vermieter einen neuen Vertrag aushandeln, sondern kann das alles so übernehmen. Ich habe darauf hingewiesen, dass sie dennoch mit dem Vermieter reden sollte, da es mündliche Vereinbarungen gibt und ich nicht weiß, wie er zu diesen steht, wenn jemand anderes die UG betreibt. Auf jeden Fall hat sie nach dem Preis für die UG gefragt und ich habe gesagt, dass wir so schnell wie möglich aus der UG raus möchten und wir unsere finanziellen Verluste wieder haben wollen, sprich 2.500 EUR Stammkapital plus Ablösung der Gesellschafterdarlehen i. H.v. 3.000 EUR und 6.000 EUR, in Summe also 11.500 EUR. Was ich suspekt fand, war, dass sie gleich zugesagt hat, aber "ihr Anwalt" sich nochmal bei mir melden wird und das alles prüfen wird.
Nach einer Stunde Smalltalk, absolut keiner Due Dilligence, kein Nachfragen nach dem Mietvertrag, BWAs, Kontoauszüge etc. hatte sie schon zugesagt. Ich habe sie deshalb als Schwätzerin im Kopf schon abgeschrieben, jedoch hat sich dann ihr "Anwalt" ein paar Tage später per Mail bei mir gemeldet. In seiner Vorstellungsmail hat er sich als Berater von der Interessentin ausgegeben, inhaltlich war die Mail eine Selbstbeweihräucherung, mit Angaben, was er schon alles gemacht hat, kann und weiß. Er sei kein Anwalt, sondern kenne sich sehr gut mit solchen Transaktionen aus, für gewöhnlich schreibt er sogar die Entwürfe für den Notar und dieser beurkundet das dann nur noch. In meinen Augen also ein weiterer Schaumschläger.
Auf jeden Fall bestand seine Due Dilligence dann lediglich daraus, dass er nach der Gründungsurkunde bzw. dem Handelsregisterauszug gefragt hat, weil unter der Adresse/dem Gebäudekomplex zwei Kapitalgesellschaften vorhanden sind. Er hat dann auch zu einem weiteren Gespräch eingeladen, bestand jedoch darauf, dass es in den Räumlichkeiten der Interessentin stattfindet.
Das Gespräch fand dann am 3. Mai 2024 im Tattoostudio von ihrem Bruder statt. Teilnehmer des Gesprächs waren sie, ihr Bruder (der auch dieses Mal wortlos einfach zugehört hat), der "Berater" und ich. Dieses Gespräch hatte ebenfalls Smalltalk-Charakter und sie hat schon erzählt, wie viele Kontakte sie hat, was sie alles anders machen wird etc.
Nach einer Weile habe ich gesagt, dass ich enttäuscht bin, wie das bisher abgelaufen ist und ich das ganze Geschäftsgebahren für nicht wirklich seriös halte. Im ersten Gespräch war nämlich von einer Übernahme zum 1. Mai 2024 schon die Rede gewesen (auch wenn das ja wegen einem Notartermin sehr unwahrscheinlich war). Sie meinte jedoch, dass wir das jedoch jetzt sofort klar möchen können zu den vereinbarten Konditionen.
Mein Vorschlag war dann, dass wir eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einberufen, mich als Geschäftsführer abberufen und Entlastung erteilen sowie sie als Geschäftsführerin berufen. Die Bar hatte ich Ende April sowieso geschlossen, weil ich keine Tänzerinnen habe. Schlüsselübergabe wird jedoch nach dem Notartermin stattfinden. Wir schreiben das Ordnungsamt an und teilen mit, dass sie ab sofort für den Betrieb zuständig und als Geschäftsführerin berufen ist und die UG kaufen wird. Mit dem Gesellschafterbeschluss kann sich dann vor dem Notartermin auch noch mit dem Vermieter, Steuerberater, etc. unterhalten, da die Berufung ja bereits wirksam ist und falls die sich querstellen, soll sie mich anschreiben und ich erteile ihr dann zusätzlich noch eine Vollmacht.
Der Vorschlag wurde von ihr und ihrem Berater so bejaht - also meinen Freund angerufen und erzählt, was jetzt gemacht wird und ob, das so für ihn in Ordnung ist. Er war auch einverstanden damit. Da er 500 km weit weg war, hat er das Gesellschafterprotokoll ausgedruckt, unterschrieben, eingescannt und uns dann geschickt. Der Bruder der Interessentin hatte das dann ausgedruckt. Die spätere Käuferin war auch als Protokollführerin aufgeführt, so dass auch ihre Unterschrift darauf ist, da ja sonst lediglich die von meinem Kumpel und mir als Gesellschafter darauf gewesen wären. Den Beschluss haben wir dann in 3-facher Ausführung gefasst und auch eingescannt.
Den Scan dieses Beschlusses habe ich an das Ordnungsamt geschickt, mitgeteilt, dass die spätere Käuferin ab sofort zuständig ist, das Geschäft aktuell geschlossen ist und sie sich noch gesondert beim Ordnungsamt melden wird. Die spätere Käuferin habe ich auch in CC dieser Mail genommen.
Notartermin wurde tatsächlich dann auch fix ausgemacht und erfolgte Mitte Mai 2024. Dabei hat sie dann auch den Gesellschafterbeschluss zwecks Geschäftsführerwechsel beim Notar für die Anmeldung beim Handelsregister eingereicht. Jener Beschluss mit ihrer Berufung am 3. Mai 2024 ist auch so im Handelsregister auffindbar.
Schlüsselübergabe, Auflistung von Passwörtern für die Homepage, E-Mai Postfächer etc. lief auch alles überraschenderweise problemlos. Meine Nachfrage, ob sie sich denn auch mit dem Vermieter kurzgeschlossen hatte, wurde verneint. Ich habe aber nichts mehr dazu gesagt, weil mich das nichts mehr anging.
Ende Mai schreibt dann das Notariat sowohl meinen Kumpel als auch mich an, dass die Käuferin vom Kaufvertrag zurücktreten möchte. Da die Anteile bereits wirksam abgetreten wurden bedarf das unserer Zustimmung. Anteilsabtretung erfolgte sofort, die neue Gesellschafterliste sollte jedoch erst nach unserer Zahlungsbestätigung beim Handelsregister eingereicht werden. Wir haben unsere Zustimmung zur Rückabwicklung verneint und vollstreckbare Ausfertigungen der Urkunde angefordert, da wir davon ausgehen mussten, dass die Käuferin die 11.500 EUR nicht zahlen wird.
Wir haben ein Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet und tatsächlich zu unserer beiden großen Überraschung im Januar 2025 dann eine Vollzahlung über den Zwangsvollstrecker erhalten. Das Notariat also mit Kontoauszügen angeschrieben und mitgeteilt, dass die neue Gesellschafterliste eingereicht werden kann. Dies ist dann auch erfolgt.
Für uns war die Sache nun final erledigt, jedoch hat mein Kumpel Anfang September 2025, also fast 1,5 Jahre nach Verkauf eine Vorladung von der Polizei als Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren wegen Betrugs bekommen. Keine Nennung von Ort oder Zeit. Er konnte damit nichts anfangen, hat bei der Polizei angerufen, den Termin abgesagt und über einen Online-Anwalt Akteneinsicht beantragt. Nachdem Anfang November immer noch keine Akteneinsicht erfolgt ist, hat der Anwalt nochmals die Polizei bei ihm im Ort mit dem Aktenzeichen der Vorladung angeschrieben und an die Akteneinsicht erinnert. Die Polizei hat dann schriftlich mitgeteilt, dass auch dieses Akteneinsichtsgesuch an die Staatsanwaltschaft XXX weitergeleitet wurde.
Nachdem der Ort der Staatsanwaltschaft genannt wurde, wurde meinem Kumpel klar, dass es mit der UG zusammenhängen muss, da es sich bei der Staatsanwalt um diese aus der Stadt handelte, in dessen Registergericht die UG geführt wird und er sonst keine Verbindung zu dem Ort hat.
Ca. zwei Wochen später habe ich von ehemaligen Nachbarn von mir erfahren, dass mich die Polizei mehrmals an meiner alten Wohnadresse aufgesucht hätte, an der ich schon seit über 6 Monaten nicht mehr lebe. Aus naheliegenden Gründen hat sie mich dort also nicht vorfinden können. Ich habe kurz überlegt, ob ich mich bei der dortigen Polizeidienststelle proaktiv melden soll, habe davon jedoch abgesehen, da ich mich schon vor Monaten bereits an meinem neuen Wohnort umgemeldet habe. Ich gehe jedoch davon aus,