Hi, neben Muay Thai möchte ich gerne eine Grappling-Disziplin lernen. Das Gym, in dem ich trainiere, bietet zufällig auch BJJ und No-Gi-Grappling an.

Ich habe oft gehört, dass BJJ nicht ideal für die Selbstverteidigung sei, weil man Bodenkampf eigentlich vermeiden sollte und es in vielen BJJ Gyms kaum Takedowns gibt.

Stimmt das? Oder sollte ich lieber zu Judo oder Ringen wechseln?

  • Im reinen grappling/bjj: der gap zwischen der normalen untrainierten person auf der strasse und jemandem der ein halbes jahr intensiv grappling trainiert ist rießig. Du wirst mit „ein bisschen“ training vermutlich keine probleme haben eine untrainierte person runterzunehmen, zu dominieren und zu submitten. ABER: auch im grappling gibts nicht umsonst gewichtsklassen und auch wenn sichs am anfang nach „unbesiegbar“ anfühlt isses in der realität auf nem steinboden meist trotzdem anders. Abgesehen davon ist es die beste, entspannteste, vermutlich effektivste kampfsportart. PS: ein gym, das kein stand up bzw takedowns trainiert ist eine red flag. Ausserdem kannst du selber ganz gut im training lenken ob du mehr deinen fokus auf „strassennähe“ legst und versuchst takedowns zu landen oder ob du lieber versuchst in sportbjjmanier deinen gegner in eine guard zu ziehen.

  • [deleted]

    Nicht nur das. Du wirst körperlich stärker, ausdauernder, technischer und lernst deine Energie dann einzusetzen wann du sie brauchst. Der normalo Dude gibt genau 1 minute Vollgas und dann ist der Spaß vorbei. Ein wettkamperprobter blackbelt macht ne Stunde Sparring und schwitzt nicht mal...

  • Bodenkampf hat wenig Sinn als Selbstverteidigung, aber es gibt natürlich Fälle, wo es etwas bringt. Das große Problem ist: 1) der Untergrund ist in der Regel hart, so dass man sich am Boden schnell selbst verletzt und 2) Du weißt nie, wie viele Kumpel "der andere" hat.

    Aber Du machst ja schon eine Distanzsportart, d.h. da bist Du gut abgedeckt. Ich persönlich würde da eher auf Judo gehen, weil es da noch mehr um "zum Boden" bringen geht. Die besondere Art von BJJ macht es auch recht riskant bzgl. Verletzungen und Co.

    Auf der anderen Seite lehrt BJJ sehr viel Körperwahrnehmung, den anderen genau zu spüren, wie er sich bewegen wird und kann. Und die beste Kampfkunst ist die, die man lange trainiert. Also schadet es im Zweifel nicht, etwas auszuprobieren und zu schauen, was geht.

    Allerdings: Kampfsportarten sind alle nur eingeschränkt für Selbstverteidigung geeignet, weil sie im Training auf Regeln achten, die in der Selbstverteidigung nie bestünden und man trainiert sich so Dinge an, die man in der Selbstverteidigung lieber unterlassen sollte.

  • Ja BJJ ist super für Selbstverteidigung. Standard im bjj ist, das einer top Position hat und der andere guard spielt. Wenn du nicht auf den Boden willst, dann fokussiere dich eben auf das Top game. Wenn du es schaffst gegen einen guten Guard Player top Position zu behalten, wird es für dich ein leichtes sein, in einer SV Situation auch oben zu bleiben

  • Viele gute Antworten hier. Unabhängig vom Kampfstil ist wichtig, dass man regelmäßiges Sparring und im Idealfall auch Wettkämpfe erlebt um sich an die Intensität und das Adrenalin zu gewöhnen. Die beste Technik bringt nichts, wenn man im Schock alles vergisst.

  • Also nachdem du einen wurf durchgeführt hast, zu Boden gebracht wurdest oder erstmal ein paar eingesteckt hast und liegst - ja. Aber soweit sollte es I.d.r. Nicht kommen. Ringen würde ich persönlich als effektiver einstufen. Da es auch den Stand, Abwehr und zusätzlich bodenkampf beinhaltet. Da hast du zwar keine fancy hebel drinne für gewöhnlich oder zumindest kein derartig breites Spektrum aber für Selbstverteidigung reicht es allemal. Zumal beim BJJ nur das reine grappling trainiert wird. Dass dir jemand auf dem Rücken trotzdem noch eine reinhauen kann und wie du das verteidigst lernst du da eher weniger

    Ringen wird nur so verdammt selten angeboten. Habe hier zumindest in meiner Region wirklich Pech. Bin aber bei dir.

    Dann nimm Judo. Judokas sind selbst ohne Gi oft Ringern überlegen.

    Ja wenn man so drüber nachdenkt. Bei mir in einer Hauptstadt auch nur 1/2/3 mal. Spricht vielleicht auch dafür weil man echt was können muss um es auch zu lehren.

  • BJJ/Grappling ist (in Deutschland) optimal für die Selbstverteidigung.

    Hab nicht soo viel Bock, das zum 100. mal ins Internet zu schreiben, deswegen die wichtigsten Punkte:

    • 99% aller Auseinandersetzungen, die länger gehen als ein Sucker Punch gehen entweder in die Umarmung und/oder auf den Boden. Bei jedem Boxkampf flüchten sich die Kämpfer nach kurzer Zeit in die Umarmung und müssen vom Ref getrennt werden.

    • Check immer nicht, was die Leute mit dem scheiß Boden haben. Wenn man die ganze Zeit gegen Leute kämpft, die einen auf den den Boden bringen wollen, dann wird man SAUGUT darin, sich NICHT auf den Boden bringen zu lassen. Und Boden will man gerne vermeiden im echten Leben, auch wenn er nicht soo krank gefährlich ist, wie alle Theoretiker einem immer weis machen wollen.

    Am schwersten auf den Boden zu bringen sind Ringer und Judoka, dann kommen gleich die Grappler. Dann vielleicht noch erfahrene old-school Muay Thailer (wegen Clinch und so). Und dann kommt nix mehr. Der Rest liegt sofort. (Achtung! Das ist Durchschnitt beruhend auf Erfahrung. Es kämpfen immer Menschen und keine Kampfstile).

    • Es ist geiler, in Deutschland, Leute zu kontrollieren, zu Boden zu bringen und im Notfall dabei "aus Versehen" eine wirklich asoziale Verletzung in irgendeinem Gelenk hervorzurufen, als jemandem in die Fresse zu hauen oder komplett kaputt zu schlagen. Wenn es nicht um Leben und Tot geht (und das geht es in Deutschland fast nie), dann gibt es immer eine Zeit nach der Selbstverteidigung. Und diese wird nicht selten beherrscht von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht. Da ist es aus irgendeinem Grund immer noch besser sagen zu können "wollte den nur festhalten, weiß nicht, warum danach sein Schultereckgelenk im Arsch war" als erklären zu müssen, warum man dem zwei, dreimal mit der Faust ins Gesicht geschlagen zu haben. Letzteres ist in der deutschen Allgemeinwahrnehnung immer noch der Pinnacle der Gewalt. Auch beim Staat.

    • Es ist VIEL leichter jemanden zu fixieren, ohnmächtig zu bekommen oder sogar länger kampfunfähig durch hebeln und würgen als wenn man das durch Schläge versucht. Jemanden ko zu hauen ist sau schwer und häufig ne Sache von Glück. Rücken nehmen und aus-choken ist gegen Laien fast beliebig reproduzierbar.

    • Grappling hat mit Abstand den größten Teil des Vollkontakt Sparrings. VK Sparring ist der EINZIGE Weg, kämpfen zu lernen. Und jeder Kampfstil, der das mehrere Stunden pro Woche im Training standardmäßig hat (egal, ob Grappling, BJJ, Judo, Ringen, Boxen, Thaiboxen) ist allen andern Stilen EXTREM überlegen. Beim Boxen/Kickboxen/Thaiboxen gibt es nur zwei Probleme: man fängt meist erst nach nem halben oder ganzen Jahr an mit Sparring und man kann es nicht jede Woche 3 oder mehr Stunden machen, weil man sonst ständig kaputt gehauen ist.

    • Grappling hat extrem viel Sparring ab Tag 1. Und wenn man dann, wenn ein fetter Typ mit schweißgetränkten Klamotten, die dir alle Atemwege blockieren auf dem Gesicht liegt, sodass du denkst, dein Schädel platzt gleich, noch eine IDEE hat, wie man raus kommt, und das dann noch UMSETZEN kann. Ja, dann hat man ne verdammt gute Basis fürs echte kämpfen.

    • Das führt zum nächsten Punkt: den ganzen Youtube/insta scheiß, mit aufm Arsch setzen und Füße anfassen, den gibt es nur, weil ab nem gewissen Level der Standardkram (stehenbleiben, den anderen um schmeißen, Kontrolle von oben ausüben und dann einfach entweder warten oder submitten) SAUSCHWER wird. Da muss man dann kreativ werden. Deswegen wird es so fancy. Den Kram braucht man bei Laien nicht. Da läuft das so wie grad beschrieben. Und dass es es halt sau schwer wird, das ist ja das geile am Grappling. Wenn man das n Jahr macht, sitzt keiner auf einem drauf und haut einem aufs Maul. Entweder man landet da gar nicht erst oder man kommt easy wieder raus (ja auch wenn der andere haut).

    • das Gelaber von wegen Grappler können nicht hauen, beißen, kratzen, Gegenstände nutzen ist einfach Unfug. Das kann jeder. Und der Clou ist, der ganze eklige scheiß ist VIEL geiler, wenn man den von oben machen kann und nicht unter nem asozialen Typen liegt und dann noch versucht Augäpfel auszudrücken, während man grad hart auf die Fresse bekommt. Ist alles nicht Hollywood.

    • was man beim Grappling nicht lernt, sind die Selbstverteidungs-Softskills: Umgebung beachten (kommt noch n Auto, während wir uns auf der Straße beulen, kommen noch 5 Mann Verstärkung, wie erkenne ich (verdeckte) Waffen beim andern etc (von Verteidigung gegen Messer fang ich nicht an. Das können alle Stile gleich scheiße).

    Aber: Die lernt man auch bei keinem anderen Kampfsport. Die lernt man bei taktischer Ausbildung/taktischem Training.

    DA lernt man aber wiederum nicht über hunderte Stunden, wie man sich beult.

    ALSO beides lernen, wenn man perfekte Selbstverteidigungsmaschine werden will (in D absolut unnötig).

    UND auch hier gilt: Taktik und Überblick/Situational Awareness ist viel einfacher, wenn kämpfen kann und - vor allem - keine Angst vorm kämpfen mehr hat, weil das jetzt zur die vierte Beuel-Session diese Woche ist und man hier endlich mal n leichten Gegner hat, der nicht Grapplen kann.

    (So , doch wieder unglaublich lang geworden. Wer das ganze nicht glaubt, es besser weiß, meinen Kram super dumm findet: Ja, du hast recht! Du bist der geilere Kämpfer als ich und hab keine Ahnung. Kenn ich, so ist das beim Kampfsport vor allem beim Thema Selbstverteidigung.

    Alles was ich geschrieben habe, basiert auf über 20 Jahre Kampfsport und selbst Verteidigungstraining und realer Anwendung in und außerhalb beruflicher Anwendung. Aber es ist nur meine Erfahrung. Die gilt nicht für andere. Ich lass sie mit aber auch nicht ausreden. Ist sicherlich n asoziale Standpunkt, gerade weil ich Diskussionskultur liebe. Aber auch dieser Standpunkt basiert auf Erfahrung.)

    10/10 Antwort. Dem ist nichts hinzuzufügen.

  • Wenn du eh schon Muay Thai machst ist BJJ als Zusatz ok.

  • Beste MMA ist immer noch der Waffenschein 💁🏽‍♂️

    Du meinst vermutlich eine Waffenbesitzkarte. Die hilft eher wenig in den meisten Selbstverteidigungssituationen

  • am besten ein gym finden, das jede runde im stehen startet. jedes grappling gym in dem kein stand up trainiert wird ´, ist eine red flag imo

    Ich empfehle MMA - da kannst du dein Muay Thai einbringen und Grappling trainieren. Ist das effektivste Training mit Gedanken auf Selbstverteidigung

  • Im Judo trainierst Du auch Bodentechniken. Zumal diese schnell zu anzuwenden. Als Basis ist Judo wesentlich sinnvoller, als BJJ, was Du in ein paar Jahren immer noch gut zu Judo draufsetzen kannst.

  • Gut: BJJ können, wenn es unvermeidlich auf den Boden geht. ♟️ 

    Schlecht: Aktiv versuchen, die Situation auf den Boden zu verlagern, anstatt die Beine in die Hand zu nehmen. 🏃‍♂️ 

  • Ich mach ab und an Dinge in Rüstung, mit Schwertern, Äxten und so. Also keine klassische SV. Aber: schon die alten Meister, also so 14. Jh plus, haben klar gesagt „alle Kunst kommt vom Ringer dar“. Gemeint ist: wenn’s eng wird, und fast jeder Kampf geht auf die Nächstdistanz wenn nicht ein riesiger Skill-gap zwischen den Kontrahenten da ist, dann bist du mit Ringen/BJJ und co wahnsinnig gut beraten. Keiner hält dich auf in der Situation ZUSÄTZLICH Dinge zu tun, die der Sport nicht gutheißt (z .B. nem Gegner der in ner miesen Position unter dir ist kräftig in die Klöten zu schlagen, oder gegen Augen und Kehle zu gehen), aber selbst ohne das wirst du dich mit etwas Erfahrung gegen den überwiegenden, weil untrainierten Teil der Bevölkerung recht gut schlagen. Gewichtsklassen, Kraftunterschiede und Größenverhältnisse sind allerdings ein reales Problem.

  • Kann meiner Meinung nach nix schaden: Logik dahinter, jemand zwingt dich in den Infight und versucht dann dich zu Grappeln. Das kann auf der Straße vorkommen und mit ein paar Monaten BJJ-Erfahrung kommt man hier definitiv besser raus als ohne - auch wenn MT natürlich entsprechende Techniken bietet, die können aber auch mal schief laufen und dann hätte man eine Art "dritte Verteidigungswelle" in der Hinterhand. Wird ja auch oft in MMA kombiniert - also machen.