Frohe Weihnachten allerseits!
Ich habe überlegt, ob ich meine Fragen hier oder in r/FragReddit stelle, habe mich dann aber hierfür entschieden, da hier sicherlich mehr Expertise zu den finanziellen Aspekten vorhanden ist.
Zunächst muss ich Kontext liefern, worum es überhaupt geht: Meine Eltern sind seit nun 20 Jahren geschieden. Meine Mutter hat damals das Sorgerecht für uns drei Kinder zugesprochen bekommen. Mein Vater sollte entsprechend Unterhalt bezahlen, was er jedoch nie tat. Bis zum Erreichen des 18. Lebensjahres von uns drei Kindern (meine beiden Geschwister und ich als Ältester) hat er laut Aussagen meiner Mutter pro Kind circa 10.000 bis 12.000 Euro an Unterhalt offen gelassen.
Nun ist mein Vater vor einigen Wochen verstorben. Grund dafür war eine Kombination aus Alkoholmissbrauch und versäumten Arztterminen. Ich muss gestehen, aus emotionaler Sicht lässt mich das relativ kalt. Denn nicht nur haben wir uns seit der Scheidung nie wieder gesehen, sondern er hat damals auch noch für zusätzlichen Stress gesorgt, indem ich wöchentlich Dokumente zwischen Gericht und meiner Mutter hin- und her gefahren habe. Dadurch hatte meine Mutter mehr Kapazitäten, um sich auf ihre Fortbildung zu konzentrieren, damit sie mit dem zusätzlichen Geld uns besser ernähren konnte.
Das Problem ist nun, dass der Todesfall mehrere Aspekte – und in diesem Zusammenhang meine finanziellen Fragen – mit sich bringt:
(Info vorab: Meine unten ausgeführten Punkte sind u.U. nicht vollständig korrekt, da ich diese recherchiert habe, während ich krank war, bzw. ich es immer noch bin. Bei fehlerhaften Infos bitte um Korrektur!!)
Erbe:
- Angeblich hatte mein Vater Schulden, zumindest nach Aussagen meiner Mutter. Man schätzt den Betrag auf etwa 80.000 Euro. Woher diese Schätzung kommt, weiß ich (noch) nicht. Ich weiß lediglich, dass meine Mutter mit einem Anwalt in Kontakt steht. Außerdem hat sie für uns drei Kinder bereits für den 07.01.2026 einen Notartermin vereinbart, um das Erbe auszuschlagen.
- Laut meiner Recherche gibt es keine zentrale Stelle oder dergleichen, bei der man vorab erfragen kann, ob man positives oder negatives Vermögen (Schulden) erbt. Man müsste händisch bei allen Banken, Ämtern, Versicherungen etc. Kontakt aufnehmen und entsprechende Unterlagen durchforsten – sofern diese überhaupt ausgestellt werden. Und das wird Zeit fressen. Zeit, die wir nicht haben. Die Wohnung zu betreten und das Hab und Gut zu durchsuchen darf man zudem nur, wenn man das Erbe annimmt.
- Hier ergibt sich bereits die erste der beiden Fragen: Nach meinem Verständnis heißt das, man weiß erst im Nachhinein, ob man Schulden erbt oder nicht. Könnt ihr mir dies bestätigen? Falls ja, dann würde ich am 07.01.2026 das Erbe sicherheitshalber ausschlagen. Falls nein, müsste ich prüfen, welche anderen Schritte ich einleiten kann, um das Erbe im Vorfeld einzusehen. Und dies möglichst bald, da der Termin schon so nahe ist.
Beerdigung:
- Eine Beerdigung in Deutschland ist nicht günstig. Obgleich ein normales Begräbnis oder eine Einäscherung. Problematisch ist zudem, dass in Deutschland eine Bestattungspflicht besteht. Das heißt, die zu erbende Person hat zwingend die Beerdigungskosten zu tragen. Da jedoch niemand Schulden erben möchte, werden die wenigen weiteren infrage kommenden Parteien das Erbe ebenfalls ausschlagen.
- In diesem Fall tritt eine sogenannte Fiskalerbschaft ein. Nach meinem Verständnis (und heruntergebrochen) bedeutet dies, dass der Staat oder eine Kommune die Beerdigung bezahlt, aber das Geld von den erbberechtigten Personen wieder zurückholen wird. Unabhängig davon, ob diese das Erbe ausgeschlagen haben oder nicht.
- In der Rangfolge steht zunächst ein Ehepartner, danach folgen wir Kinder. Aufgrund des Alkoholmissbrauchs gehe ich nicht davon aus, dass mein Vater zum Todeszeitpunkt verheiratet gewesen ist. Somit würden wir drei Kinder als zweitplatzierte Personengruppe zur Zahlung herangezogen werden.
- In diesem Fall tritt eine sogenannte Fiskalerbschaft ein. Nach meinem Verständnis (und heruntergebrochen) bedeutet dies, dass der Staat oder eine Kommune die Beerdigung bezahlt, aber das Geld von den erbberechtigten Personen wieder zurückholen wird. Unabhängig davon, ob diese das Erbe ausgeschlagen haben oder nicht.
- Daher haben wir nach möglichst günstigen Möglichkeiten umgeschaut. Jetzt gibt es aber noch weitere Punkte, die das ganze verkomplizieren:
- Scheinbar hatte er sich inzwischen eine neue Familie aufgebaut. Oder es zumindest versucht. Er hat eine Tochter (also meine Halbschwester), von der wir nichts wussten. Diese hat sich jedoch distanziert und ich selbst müsste privat versuchen, den Namen und die Hintergründe dieser Person zu recherchieren. Mit den restrektiven Datenschutz-Gesetzen in Deutschland kann ich das fast schon vergessen.
- Zudem gibt es noch meine Großeltern väterlicherseits. Laut meiner Mutter könnten diese Einspruch erheben, falls wir eine aus ihrer Sicht unangemessen günstige Beerdigung planen. Im schlimmsten Fall könnte die Angelegenheit dann vor dem Familiengericht landen, was erhebliche Kosten verursachen würde. Zumindest ist das die aktuelle Vermutung. Momentan ist vieles in Bewegung, und es fällt mir schwer, den Überblick zu behalten.
- Daher hier meine zweite Frage sowie damit zusammenhängend Folgefragen: Gibt es eine Möglichkeit, von uns drei Kindern die Beerdigungskosten vollständig abzublocken? Und wenn nein: Dürfen andere Verwanden und/oder Angehörige ein Art der Beerdigung ablehnen, wenn sie ihnen nicht zusagt? Können wir mit dem nicht gezahlten Kindesunterhalt argumentieren, um uns an den Kosten nicht beteiligen zu müssen? Oder laufen wir Gefahr, dass auch dieser Punkt vor dem Familiengericht landet? Die aktuelle Ist-Situation fühlt sich alles andere als fair an.
Wie bereits erwähnt, habe ich dies während meiner Krankheit recherchiert, weshalb einige Punkte lückenhaft oder möglicherweise sogar falsch sind. Für eine weitergehende Recherche fehlt mir aktuell schlichtweg die Energie.
Daher wende ich mich an euch: Falls Informationen von oben falsch sind, könnt ihr diese korrigieren? Könnt ihr meine Fragen beantworten? Gibt es eine einfache Möglichkeit, die Identität meiner Halbschwester in Erfahrung zu bringen?
Vielen Dank im Voraus.
Nur zum Thema Schulden:
Schlag das Erbe aus. Falls er Schulden in dieser Höhe hat, ist es das wirklich nicht wert.
Du müsstest jeden Gläubiger einzeln rausfinden (z.B. durch Briefe, Banken ect.) und wenn die schlau sind (was sie sind), werden sie dir erst nach Verstreichen der Ausschlaggungsfrist die Schulden mitteilen, die dann deine Schulden sind.
Meistens wissen die Leute auch selbst nicht, wie hoch ihre Schulden sind, bei einem solchen Betrag verliert man schnell den Überblick.
Warum bietet die Schufa eigentlich keinen Erbenservice an? Die müssen doch alle relevanten Daten haben.
Die Schufa ist überwiegend im Besitz von Banken. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Interesse haben, einen Service anzubieten, der die Bedienung von Verbindlichkeiten Verstorbener unwahrscheinlicher macht.
Vielleicht hast Du die Möglichkeit, das Lebensumfeld zu sichten in dem dein Vater lebte. Auch wenn Dir der Zugang zur Wohnung versperrt bleibt finden sich bestimmt Nachbarn die sehr gerne über deinen Vater sprechen.
Gute Idee! Ich denke, das mache ich sogar. Auch wenn das heißt, dass ich über eine Stunde hinfahren muss, da ich erst vor einigen Monaten weit weg gezogen bin.
Okay, hier geht wirklich einiges durcheinander. Ich werde nur begrenzt helfen können, aber ich schaue mal, wie weit ich komme.
First things first: Die Frist zur Ausschlagung eines Erbes beträgt nur sechs Wochen nach Kenntnis vom Tod des Erblassers, wenn ihr alle in Deutschland wohnhaft wart/seid. Du schreibst, der Tod deines Vaters ist "einige Wochen" her. Bist du mit dem 7.1. noch innerhalb der Frist? Falls nein ---> beeilen.
Weiterhin bin ich irritiert, dass ein Anwalt deines Vaters mit deiner Mutter über den Nachlass deines Vaters spricht. Gibt es ein Testament, in dem sie berücksichtigt ist? Falls nein, geht das eigentlich nicht in Ordnung. Deine Eltern sind geschieden, sie ist keine Angehörige, die Kommunikation hat mit den Erben zu erfolgen. Ich gehe davon aus, dass deine Geschwister und du volljährig sind. Ich würde zu diesem Rechtsanwalt Kontakt aufnehmen und ihn fragen, wie es zu dieser Art der Kontaktaufnahme kam, sowie die Informationen, die deine Mutter an dich weitergegeben hat, von ihm noch einmal verifizieren lassen.
Gibt es ein Testament des Vaters? Falls ja, wer ist berücksichtigt?
Dass es in der Regel keine Möglichkeit gibt, ohne eigene Forschung herauszufinden ob man Schulden oder Guthaben erbt, ist korrekt.
Es gibt grundsätzlich die Möglichkeit, einen überschuldeten Nachlass im Rahmen einer Nachlassinsolvenz so aufzulösen, dass man kein eigenes Vermögen für die Schulden aufwenden muss. Man hat allerdings die ganze Arbeit (und zwar viel davon) und es kann sehr haarig werden, wenn sich die Erbengemeinschaft nicht an einem Strang zieht. Wenn mit einer unbekannten Halbschwester zu rechnen ist und keine emotionalen Werte wie Fotoalben oder Ähnliches nur durch Annahme des Erbes zu retten sind, würde ich persönlich mir dieses Risiko nicht geben wollen.
In diesem Zusammenhang auch noch der Hinweis, dass auch Unterhaltsschulden vererbbar und Teil des Nachlasses sind; hat deine Mutter den ausgebliebenen Unterhalt titulieren lassen und/oder zeitweise Sozialleistungen wie Unterhaltsvorschuss, Wohngeld oder Ähnliches kassiert, ist es im Bereich des Möglichen, dass die so entstandenen Schulden von den Erben beglichen werden sollen. Viele um den Unterhalt geprellte Kinder haben eine verständliche Abneigung gegen diese Forderungen, also sei emotional darauf vorbereitet, dass da etwas kommen könnte.
Die Identität oder Existenz der Halbschwester könnte man herauskriegen, indem man beim Standesamt des Geburtsorts deines Vaters einen Ausdruck aus dem Geburtenregister deines Vaters anfordert; in diesem sind alle seine Kinder ebenfalls namentlich erwähnt. Unter Umständen müsst ihr dem Standesamt ein berechtigtes Interesse nachweisen, es könnte auch etwas dauern, bis der Ausdruck bei euch angekommen ist, und es kostet wahrscheinlich eine Gebühr.
Keine Ahnung habe ich, was die Beerdigungskosten angeht.
Alle Angaben sind die eines Laien und ohne Gewähr, ich bitte nachdrücklich um eigene Prüfung auf Korrektheit!
Ja, zwischen der Kenntnissname und dem Notar-Termin liegen weniger als 6 Wochen. Also alles gut.
Ich habe noch einmal meinen Text durchgelesen und verstehe nicht ganz, wie du drauf kommst, dass das der Anwalt von meinem verstorbenen Vater ist. Der Anwalt ist eine Person, die meine Mutter proaktiv herangezogen hat, um sich beraten zu lassen.
Ja, meine beiden "normalen" Geschwister sind ebenfalls volljährig. Bei meiner Halbschwester habe ich allerdings keine Ahnung, da ich ihre Identität nicht kenne.
Nein, nach aktuellem Wissensstand gibt es kein Testament.
Und vielen lieben Dank für die restlichen Infos. Damit lässt sich arbeiten :)
Hat euer Vater ein Testament oder eine Verfügung, welche Art der Bestattung er wünscht?
Kontaktiert irgendwie wenn möglich seine Tochter. Ihr seid gemeinsam Totenfürsorgeberechtigte. Sofern der Verstorbene es nicht anders wollte, dürftet ihr meinem Verständnis nach eine anonyme Bestattung bestimmen. Allerdings könnten sich seine Eltern quer stellen und behaupten, dass er was anderes wollte. Dafür müssen sie aber Beweise vorlegen.
Ansonsten seine Eltern informieren, dass ihr eine anonyme Bestattung in Auftrag geben wollt und wenn sie was anderes wollen, sie das Ganze in Auftrag geben und selbst zahlen müssen.
Als mein Opa gestorben ist, haben wir auch sicherheitshalber auf das Erbe verzichtet. Er war im Pflegeheim und die Kinder hätten eine Zuzahlung leisten müssen, weil bei ihm scheinbar nichts zu holen war. Dementsprechend sind wir auch von Schulden ausgegangen, weil das Sozialamt normalerweise fast alles liquidiert bis auf einen gewissen Selbstbehalt.
Ein Testament gibt es nach aktuellem Wissensstand nicht. Ich denke, ich sollte einfach mal mit seinen Eltern (also meinen Großeltern väterlichseits) reden. Glücklicherweise weiß ich wo sie wohnen. Jedoch weiß ich wiederrum nicht wie sie reagieren werden. Zumal wir kaum Kontakt pflegen.
Zitat: „Damit es was zu erben gab, musste einer sterben.“
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